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Koalition und Union wollen Druck auf Turkei ausuben

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  • Koalition und Union wollen Druck auf Turkei ausuben

    Financial Times Deutschland
    11. April 2005


    "Coalition and Union wants to exert pressure on Turkey; Common
    resolution to Armenian question desired"

    Koalition und Union wollen Druck auf Türkei ausüben;
    Gemeinsamer Beschluss zu Armenierfrage angestrebt

    Von Marina Zapf, Berlin

    SPD und Grüne wollen gemeinsam mit der Unionsfraktion im Bundestag
    Druck auf die Türkei ausüben, sich der Aufarbeitung der Massaker an
    Armeniern vor 90 Jahren zu stellen. Es sei Ziel, auf der Grundlage
    des Unionsantrags zu einer einheitlichen Position zu kommen, hieß es
    am Wochenende aus beiden Lagern. "Unsere Erfahrung in Deutschland
    zeigt, wie wichtig es für die Anerkennung der Demokratie ist, eine
    kritische Position zur Vergangenheit zu beziehen", sagte der
    SPD-Außenexperte Markus Meckel, der in der Partei für die
    Armenierfrage zuständig ist.

    Bislang hatten die Koalitionspartner mit der Union in der
    Türkeipolitik selten an einem Strang gezogen. Allerdings soll eine
    Aufforderung des Bundestags an die Türkei, sich auf dem Weg in die EU
    offen mit der Schuldfrage gegenüber den Armeniern auseinander zu
    setzen, bis vor der Sommerpause warten.

    Vorher reist Anfang Mai Bundeskanzler Gerhard Schröder nach Istanbul.
    "Der Kanzler soll nicht mit schwerem Gepäck fahren", mutmaßte ein
    Diplomat. Außerdem sollten wohl die türkischstämmigen Wähler in
    Nordrhein-Westfalen nicht verärgert werden.

    Der türkische Präsident Ahmet Necdet Sezer bezeichnete den Druck der
    "europäischen Freunde" in der Armenierfrage als "falsch und
    ungerecht". Vor der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der EU im
    Oktober wird dies als Versuch gewertet, das islamische Land aus der
    christlich dominierten Wertegemeinschaft auszugrenzen.

    Der Antrag der Union, der am 21. April erstmals im Bundestag
    debattiert werden soll, vermeidet den Vorwurf des Genozids. Er
    beschreibt aber den zu Grunde liegenden Tatbestand. "Die Resolution
    geht davon aus, dass die Massaker geplant und organisiert waren",
    sagte Meckel. Die Türkei streitet einen Völkermord ab. Der Befehl für
    die Zwangsumsiedlung der Armenier Ostanatoliens fiel am 24. April
    1915. Je nach Lesart von Regierungen und Historikern kamen bis 1917
    bei Massakern und Deportationen zwischen 300 000 und 1,3 Millionen
    Armenier ums Leben. Die türkische Regierung ist zu einer historischen
    Neubewertung der Geschehnisse unter Einbeziehung aller
    internationalen Archive bereit, lehnt eine politische Aufrechnung
    aber ab.

    Zu einer EU-Mitgliedschaft gehören auch nach Ansicht von SPD und
    Grünen eine kritische politische Kultur und ein offener Umgang mit
    der Geschichte. "Es muss aufhören, dass Menschen in der Türkei, die
    beginnen, sich damit auseinander zu setzen, mit einer Anzeige rechnen
    müssen", so Meckel. Zudem müsse dabei auch die Mitschuld des
    Deutschen Reiches als Verbündeter der türkischen Täter beleuchtet
    werden.
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