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Hasmik Papian; Volkskunstlerin - Portrait Feuilleton

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    Frankfurter Allgemeine Zeitung
    12. April 2005

    HASMIK PAPIAN; Volkskünstlerin

    Porträt Feuilleton


    Gerade wurde sie vom armenischen Staatspräsidenten zur
    "Volkskünstlerin" ernannt, und wenn diese pathetische Bezeichnung aus
    Sowjetzeiten je eine Auszeichnung war, dann in diesem Fall. Denn die
    Armenierin Hasmik Papian ist nicht nur eine begnadete Sopranistin,
    sondern auch eine musikalische Botschafterin ihres Landes. Sie hat
    kürzlich an der Niederländischen Oper in Amsterdam einen umjubelten
    Auftritt in ihrer Paraderolle der "Norma" von Vincenzo Bellini unter
    der Regie von Guy Joosten und der musikalischen Leitung von Julian
    Reynolds gegeben, als sie für Nelly Miricioiu einsprang.

    "Norma" ist jene Oper, die für Schopenhauer das "Beispiel eines
    höchst vollkommenen Trauerspiels" war. Daß Hasmik Papian gerade die
    Partie der Norma so sehr liegt, ist wohl kein Zufall. In Eriwan
    geboren und an der dortigen Musikakademie erst zur Geigerin, dann zur
    Sängerin ausgebildet, ist sie zwar auf den Bühnen von Berlin, Wien,
    New York und Tokio zu Hause; wer sie aber einmal in der Staatsoper in
    Eriwan erlebt hat, wo sie jedes Jahr mindestens einmal auf einer
    Benefizgala singt, der gewinnt einen unmittelbaren Eindruck auch von
    der inneren Zerissenheit des armenischen Volkes. Denn der heutige
    Staat Armenien ist bei weitem nicht für alle Armenier der großen
    Diaspora in Amerika und Europa die eigentliche Heimat. Ja, viele von
    ihnen waren noch niemals in Eriwan, denn ihre Heimat liegt in der
    Türkei, aus der sich ihre Vorfahren vor dem türkischen Genozid retten
    konnten. Und die Armenier, die in Armenien leben, stehen mehr als
    einmal vor der Frage, ob sie bleiben oder auswandern sollen.

    Das kleine Land mit etwas über drei Millionen Einwohnern, ehemals
    eine Sowjetrepublik, kann natürlich nicht die Chancen bieten, die
    sich anderswo eröffnen. Russische Soldaten sichern die Grenzen und
    übernehmen heute noch die Paßkontrolle auf dem Flughafen von Eriwan.
    So lieben viele Armenier eine Heimat, der sie entweder bald den
    Rücken zukehren werden oder die sie noch nie gesehen haben, an der
    sie aber deshalb nicht weniger hängen. Zur Benefizgala in der
    Staatsoper strömt jedenfalls ganz Eriwan zusammen - und dann, in
    einem solchen Moment, in dem man voller Stolz die Leistungen und das
    Ansehen der Landeskinder genießt und die eigene Klasse anerkannt
    fühlt, entsteht Armenien tatsächlich als Heimat aller Armenier.

    Hasmik Papian selbst ging 1994 an die Oper Bonn und an die Deutsche
    Oper am Rhein Düsseldorf, wo sie fest engagiert war; sie gastierte an
    den großen Opernhäusern als Tosca (Debüt 1997 an der Deutschen Oper
    Berlin und an der Wiener Staatsoper), Aida, Donna Anna, Mimì
    (Staatsoper Stuttgart). 1999 debütierte sie an der Metropolitan Opera
    New York als Aida. Die Sängerin hat freilich immer den Weg nach
    Armenien zurückgefunden und wird dabei nun begleitet vom deutschen
    Schauspieldramaturgen Konrad Kuhn, den sie bei einem Gastspiel in
    Heilbronn kennenlernte. Kuhn gab, als ihre gemeinsame Tochter
    Siranusch vor vier Jahren geboren wurde, seine alte Karriere vorerst
    auf und arbeitet nun als Manager von Familie und Sängerin. In
    Deutschland ist Hasmik Papian wieder am 7. Mai in einer konzertanten
    Aufführung der "Norma" im Staatstheater Mannheim zu hören.

    MICHAEL JEISMANN

    Foto Lore Bermbach
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