Announcement

Collapse
No announcement yet.

Warum die =?UNKNOWN?Q?T=FCrkei?= den =?UNKNOWN?Q?V=F6lkermord_an?= d

Collapse
X
 
  • Filter
  • Time
  • Show
Clear All
new posts

  • Warum die =?UNKNOWN?Q?T=FCrkei?= den =?UNKNOWN?Q?V=F6lkermord_an?= d

    Süddeutsche Zeitung
    18. April 2005


    Pride rather than shame:
    Why Turkey denies the Armenian Genocide

    Stolz statt Scham;
    Warum die Türkei den Völkermord an den Armeniern leugnet


    Die Türkei, sagt ihr Premier Tayyip Erdogan, könne stolz auf ihre
    Geschichte sein. Außenminister Abdullah Gül findet in der Historie
    "nichts, wofür wir uns schämen müssten". So haben es alle Türken im
    Schulunterricht gelernt. In keinem türkischen Geschichtsbuch steht,
    dass 1915/16 im Osmanischen Reich, auf dessen Ruinen die Türkei
    entstand, bis zu 1,5 Millionen Armenier lebten, von denen
    Hunderttausende ermordet und in die syrische Wüste getrieben wurden.
    "Das haben wir nicht getan", hört man daher so immer wieder von
    Türken aller Couleur, die noch 90 Jahre später den Historikern nicht
    glauben wollen, die sagen, die Armenier waren Opfer des ersten
    Völkermords im 20. Jahrhundert.

    Das Leugnen jeder historischen Verantwortung fiel Ankara lange
    leicht, weil das Land auch nach dem Ende des Kalten Krieges in
    introvertiertem Zustand verharrte. Nun aber strebt die Türkei in die
    EU, und immer mehr europäische Politiker verlangen, dass sie ihre
    Europareife durch unverstellten Blick auf die eigene Geschichte
    beweist. Zusätzlichen Druck entfaltet die armenische Diaspora, die
    den 24. April, den kommenden Sonntag, weltweit als "90. Jahrestag des
    Genozids" begehen will. Armenier in den USA drängen Präsident George
    W. Bush, in seiner traditionellen Rede zum 24. April erstmals das
    Wort "Genozid" zu gebrauchen. In einem Antrag der CDU/CSU für eine
    Bundestagsdebatte am Donnerstag kommt der Begriff "Völkermord" zwar
    nicht vor. Das Parlament aber dürfte sich einig sein, dass EU-Staaten
    sich zu den "dunklen Seiten ihrer nationalen Geschichte bekennen"
    müssen, wie die Union fordert.

    Der massive Druck auf Ankara zeigt unterschiedliche Wirkung. Die
    offizielle Geschichtsstiftung versucht mit hohem propagandistischen
    Aufwand die Position zu verteidigen, die Armenier seien in einer
    Kriegssituation allenfalls Opfer "von Krankheiten und gegenseitigen
    Massakern" geworden. Die Medien aber verschaffen erstmals neuen
    Stimmen Gehör, wie dem türkischen Wissenschaftler Halil Berktay, der
    offen von einer "ethnischen Säuberung" Anatoliens spricht. Als der
    türkische Schriftsteller Orhan Pamuk aber in einem Interview "eine
    Million" getötete Armenier beklagte, verbrannten Nationalisten Bücher
    des "Nestbeschmutzers". Öl ins Feuer gossen auch die oppositionellen
    Sozialdemokraten, die den US-Historiker Justin McCarthy zum Vortrag
    im Parlament einluden. Dort machte er den Türken Angst, sie hätten
    bei einer Anerkennung des Völkermords immense Entschädigungen zu
    leisten - was juristisch noch längst nicht geklärt ist.

    Die etwa 65000 Armenier der Türkei sitzen in der Debatte zwischen
    allen Stühlen. Die Diaspora kann nicht verstehen, dass die türkischen
    Armenier im Land ihrer Geburt auch ihr Vaterland sehen. Lange wurden
    die Armenier am Bosporus als Bürger zweiter Klasse behandelt. Erst
    seit kurzem erhält der Chefredakteur der in Istanbul erscheinenden
    armenischen Zeitung Agos, Hrant Dink, in türkischen Medien das Wort.
    Dink trat nun auch im Europaausschuss des Parlaments in Ankara auf.
    Seine Botschaft lautete: Der Deckel über der dunklen Geschichte hat
    sich geöffnet. "Er kann nicht mehr geschlossen werden. Eine wirkliche
    Demokratie kann sich nicht den Luxus von Tabus leisten."

    Christiane Schlötzer

    --Boundary_(ID_hZX959Jc1jQsjj4yYIltTw)--
Working...
X