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Massaker an Armeniern wieder auf dem Lehrplan in Brandenburg

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    Massaker an Armeniern wieder auf dem Lehrplan in Brandenburg
    von Johannes Frewel

    Agence France Presse -- German
    Freitag, 5. August 2005

    Potsdam, 5. August

    Wenn in Brandenburg in der kommenden Woche das neue Schuljahr
    beginnt, werden die Schüler der 9. und 10. Klassen sich auch mit
    einem Thema beschäftigen, dem ansonsten in deutschen Klassenzimmern
    wenig Aufmerksamkeit zuteil wird: den Massakern der Türken an den
    Armeniern, denen 1915 und 1916 zwischen 800.000 und 1,5 Millionen
    Menschen zum Opfer gefallen waren. Brandenburg ist das einzige
    Bundesland, das die von einem Großteil der internationalen
    Öffentlichkeit als Völkermord eingestuften Massaker in den Lehrplan
    aufgenommen hat - gemeinsam mit weiteren Genoziden wie jenen an den
    Herero im früheren Deutsch-Süd-West-Afrika und den Tutsi in Ruanda.
    Zu dieser salomonischen Lösung rang sich die Potsdamer
    Landesregierung nach einer heftigen diplomatischen Schlingerfahrt
    schließlich durch.

    Eigentlich haben die Massaker im damaligen Osmanischen Reich schon
    seit 2002 ihren Platz im Lehrplan der Brandenburger Schulen. Zu
    verdanken war dies dem damaligen Bildungsminister Steffen Reiche
    (SPD), der sich mit dem Schicksal der Armenier beschäftigt hatte.
    Doch ausgerechnet kurz vor dem 90. Jahrestag des Völkermord in diesem
    Frühjahr wies Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) nach einer
    Intervention des türkischen Botschafters Reiches Nachfolger Holger
    Rupprecht (SPD) an, die beanstandete Stelle aus dem Lehrplan zu
    nehmen - und löste damit eine Welle der Empörung aus.

    Offiziell hatte sich die Kritik der Regierung in Ankara daran
    entzündet, dass die Schüler an Brandenburgs Schulen neben dem
    Holocaust lediglich das Schicksal der Armenier und sonst keinen
    weiteren Völkermord im Unterricht behandeln. Anstatt den Lehrplan nun
    in diesem Punkt zu ergänzen, schlug Platzeck den vermeintlich
    leichteren Weg einer vollständigen Streichung der politisch
    schwierigen Passage ein. Aufgeflogen war der klammheimliche
    politische Kniefall des SPD-Politikers schließlich dadurch, dass die
    entsprechende Passage auch in der Internetausgabe der Handreichung
    für Lehrer plötzlich fehlte.

    Nach einem Treffen mit der armenischen Botschafterin Karine Kazinian
    und Vertretern der armenischen Gemeinde in Deutschland kündigte
    Platzeck schließlich an, die Massaker gemeinsam mit weiteren
    Völkermorden wieder in den Lehrplan aufzunehmen. Dazu verfasste das
    Landesinstitut für Schule und Medien eine dicke Broschüre
    "Völkermorde und staatliche Gewaltverbrechen im 20. Jahrhundert". Dem
    Völkermord an den Armeniern wird darin 18 Seiten und damit der
    breiteste Raum zugebilligt. Thematisiert werden aber auch etwa die
    Verbrechen Stalins oder der Roten Khmer im Kambodscha. Jeder
    Geschichtslehrer kann frei entscheiden, welchen der aufgeführten
    Völkermorde er seinen Schülern ergänzend zum Holocaust vermitteln
    möchte.

    Was Platzeck damals motiviert hatte, dem Drängen des türkischen
    Botschafters nachzugeben, ist bis heute unklar. Seit mehr als zehn
    Jahren gehört der gebürtige Potsdamer zu den Unterstützern eines
    Wiederaufbaus der verfallenen Lepsius-Villa. Der evangelische Pfarrer
    Johannes Lepsius hatte zahlreiche Armenier vor dem Tod gerettet und
    den Völkermord, in den durch die Unterstützung türkischer Militärs
    indirekt auch Deutschland verwickelt war, für die Nachwelt
    dokumentiert. Sein ehemaliges Haus in Potsdam soll nun Heimstatt für
    ein Dokumentationszentrum für den Genozid werden.

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