Berliner Zeitung
14. Juni 2005
"Schnapp dir deine Fahne und mach mit" Türkische Organisationen
protestieren gegen Bundestag
von Marlies Emmerich
Die Hürriyet ist unter den rund 200 000 türkischen Berlinern die wohl
meistgelesene Zeitung. Unter dem Motto "Schnapp dir deine Fahne und
mach mit" wird dort aufgerufen, am nächsten Sonnabend ab 12 Uhr auf
dem Kurfürstendamm "nur mit türkischen Fahnen" zu protestieren. Es
geht wieder einmal um den Armenienkonflikt zwischen 1915 und 1918.
Celal Altun, Geschäftsführer der Türkischen Gemeinde, erwartet,
dass am Wochenende bis zu 50 000 Demonstranten aus ganz Deutschland,
"gegen einseitige Propaganda und historische Ungerechtigkeit" auf
die Straße ziehen werden.
Anlass für den neuen Unmut einer von der Gemeinde angeführten
"Initiative türkischer Organisationen" ist, dass alle Parteien des
Bundestages noch im Juni gemeinsam den Völkermord an den Armeniern
zwischen 1915 und 1918 verurteilen wollen. "Wir werden uns den
machtpolitischen Interessen von heute nicht beugen", heißt es dazu
im Aufruf. Aber auch Berlins Migrationsbeauftragter Günter Piening
steht unter Beschuss. Die Broschüre "Armenier in Berlin" (siehe Foto),
die den Völkermord eindeutig thematisiert, war auf der Titelseite der
Hürriyet" großflächig "als die große Schande von Berlin" bezeichnet
worden. Umgehend soll sich die türkische Botschaft ein Exemplar
des am Montag veröffentlichten Heftes bestellt haben. Die Türkische
Gemeinde hatte - nur vor der türkischen Presse - Piening vorgeworfen,
in der Publikation "die Stimme der armenischen Diaspora" wiederzugeben.
"Die Auseinandersetzung mit der geschichtlichen Wahrheit ist nie
eine Schande, sondern gereicht allen Beteiligten zur Ehre", sagte
Piening der Berliner Zeitung. Es könne sich niemand leisten, eine
Grauzone der Geschichte zu behalten. Die ausgesprochen scharfen Töne
zum Protestaufzug hielt Piening nicht für die Mehrheitsmeinung der
in Berlin lebenden Türken. Im Frühherbst will Piening im Rahmen von
Projekttagen an Schulen Diskussionen über den Armenienkonflikt
anbieten. Der Migrationsbeauftragte begrüßte, dass das Land
Brandenburg bereits als erstes Bundesland ähnliche Wege gegangen sei.
Geplant seien nach dem Sommer außerdem deutsch-türkisch-armenische
Dialogveranstaltungen. Der Vorstand des liberalen Türkischen Bundes
kündigte an, sich am Mittwoch mit den wieder entflammten Debatten
auseinander zu setzen.
--Boundary_(ID_+8M2cT90mTKj8iovLgl01Q)--
14. Juni 2005
"Schnapp dir deine Fahne und mach mit" Türkische Organisationen
protestieren gegen Bundestag
von Marlies Emmerich
Die Hürriyet ist unter den rund 200 000 türkischen Berlinern die wohl
meistgelesene Zeitung. Unter dem Motto "Schnapp dir deine Fahne und
mach mit" wird dort aufgerufen, am nächsten Sonnabend ab 12 Uhr auf
dem Kurfürstendamm "nur mit türkischen Fahnen" zu protestieren. Es
geht wieder einmal um den Armenienkonflikt zwischen 1915 und 1918.
Celal Altun, Geschäftsführer der Türkischen Gemeinde, erwartet,
dass am Wochenende bis zu 50 000 Demonstranten aus ganz Deutschland,
"gegen einseitige Propaganda und historische Ungerechtigkeit" auf
die Straße ziehen werden.
Anlass für den neuen Unmut einer von der Gemeinde angeführten
"Initiative türkischer Organisationen" ist, dass alle Parteien des
Bundestages noch im Juni gemeinsam den Völkermord an den Armeniern
zwischen 1915 und 1918 verurteilen wollen. "Wir werden uns den
machtpolitischen Interessen von heute nicht beugen", heißt es dazu
im Aufruf. Aber auch Berlins Migrationsbeauftragter Günter Piening
steht unter Beschuss. Die Broschüre "Armenier in Berlin" (siehe Foto),
die den Völkermord eindeutig thematisiert, war auf der Titelseite der
Hürriyet" großflächig "als die große Schande von Berlin" bezeichnet
worden. Umgehend soll sich die türkische Botschaft ein Exemplar
des am Montag veröffentlichten Heftes bestellt haben. Die Türkische
Gemeinde hatte - nur vor der türkischen Presse - Piening vorgeworfen,
in der Publikation "die Stimme der armenischen Diaspora" wiederzugeben.
"Die Auseinandersetzung mit der geschichtlichen Wahrheit ist nie
eine Schande, sondern gereicht allen Beteiligten zur Ehre", sagte
Piening der Berliner Zeitung. Es könne sich niemand leisten, eine
Grauzone der Geschichte zu behalten. Die ausgesprochen scharfen Töne
zum Protestaufzug hielt Piening nicht für die Mehrheitsmeinung der
in Berlin lebenden Türken. Im Frühherbst will Piening im Rahmen von
Projekttagen an Schulen Diskussionen über den Armenienkonflikt
anbieten. Der Migrationsbeauftragte begrüßte, dass das Land
Brandenburg bereits als erstes Bundesland ähnliche Wege gegangen sei.
Geplant seien nach dem Sommer außerdem deutsch-türkisch-armenische
Dialogveranstaltungen. Der Vorstand des liberalen Türkischen Bundes
kündigte an, sich am Mittwoch mit den wieder entflammten Debatten
auseinander zu setzen.
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