Agence France Presse -- Deutsche
Freitag, 17. Juni 2005
Ton zwischen Ankara und Berlin wegen Armenien-Beschluss schärfer
Istanbul/Berlin, 17. Juni
Im Streit um den Armenien-Beschluss des deutschen Bundestags hat sich
der Ton zwischen Berlin und Ankara am Freitag erheblich verschärft.
Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan sprach von einem "hässlichen"
Beschluss und warf Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) vor, nicht zu
seinen früheren Äußerungen in der Frage der türkischen Massaker an
den Armeniern im Ersten Weltkrieg zu stehen. "Ich schätze eher
Politiker mit Rückgrat", zitierten türkische Medien den
Ministerpräsidenten. Die Bundesregierung wies Erdogans Kritik zurück.
Vor der deutschen Botschaft in Ankara legten Demonstranten aus
Protest einen schwarzen Kranz nieder.
Der deutsche Vize-Regierungssprecher Thomas Steg sagte dem
"Tagesspiegel" (Samstagausgabe), die Enttäuschung der Türkei über die
Resolution sei "unverständlich". "Es ist eine ausgewogene
Resolution.". Den Vorwurf Erdogans, Bundeskanzler Gerhard Schröder
(SPD) habe nicht zu seinen früheren Äußerungen über das
Armenier-Massaker gestanden, wies Steg zurück. Schröder habe immer
seine eigene Position deutlich gemacht, sagte der Sprecher.
Erdogan kritisierte, der Bundestag sei zum Opfer armenischer Lobbies
geworden. Vor der deutschen Botschaft in Ankara versammelten sich am
Freitag zwischen 50 und 100 Mitglieder einer nationalistisch
geprägten Gewerkschaft, um gegen die deutsche Entscheidung zu
protestieren. Der türkische Nachrichtensender NTV meldete, dabei habe
es Handgreiflichkeiten zwischen den Demonstranten und
Sicherheitskräften gegeben. In Parolen kritisierten die Demonstranten
Deutschland als "faschistisch". "Hitlers Bastarde", lautete eine der
Parolen.
Die Türkei drohte mit Konsequenzen für die deutsch-türkischen
Beziehungen. Ein Bericht der türkischen Zeitung "Vatan", wonach die
Türkei aus Protest gegen den Bundestagsbeschluss möglicherweise ihren
Botschafter in Berlin zu Konsultationen nach Ankara zurückrufen
werde, wurde in türkischen Regierungskreisen jedoch dementiert.
Am Donnerstag war der Gesandte der deutschen Botschaft in Ankara ins
türkische Außenministerium zitiert worden. Außenminister Abdullah Gül
hatte die Resolution als "verletzend" für die Türkei und die in
Deutschland lebenden Türken kritisiert.
Der Bundestag hatte am Donnerstag mit den Stimmen aller Fraktionen
eine Entschließung zum Gedenken an die türkischen Massaker an den
Armeniern im Jahr 1915 verabschiedet. In der Resolution selbst ist
nicht von "Völkermord" die Rede, wohl aber in der Antragsbegründung.
Mit dem Beschluss fordert der Bundestag die Bundesregierung auf,
"dabei mitzuhelfen, dass zwischen Türken und Armeniern ein Ausgleich
durch Aufarbeitung, Versöhnen und Verzeihen historischer Schuld
erreicht wird".
Bei den zwischen 1915 und 1917 verübten Massakern und durch
Todesmärsche starben zwischen 300.000 und 1,5 Millionen Armenier. Ein
Großteil der internationalen Öffentlichkeit stuft die Verbrechen als
Völkermord ein. Aus Sicht der Türkei handelte es sich bei den
Ereignissen dagegen um die tragischen Folgen einer Zwangsumsiedlung,
die wegen des Krieges erforderlich gewesen sei.
--Boundary_(ID_MXLwVKLYXbAjml89twz5iQ)--
Freitag, 17. Juni 2005
Ton zwischen Ankara und Berlin wegen Armenien-Beschluss schärfer
Istanbul/Berlin, 17. Juni
Im Streit um den Armenien-Beschluss des deutschen Bundestags hat sich
der Ton zwischen Berlin und Ankara am Freitag erheblich verschärft.
Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan sprach von einem "hässlichen"
Beschluss und warf Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) vor, nicht zu
seinen früheren Äußerungen in der Frage der türkischen Massaker an
den Armeniern im Ersten Weltkrieg zu stehen. "Ich schätze eher
Politiker mit Rückgrat", zitierten türkische Medien den
Ministerpräsidenten. Die Bundesregierung wies Erdogans Kritik zurück.
Vor der deutschen Botschaft in Ankara legten Demonstranten aus
Protest einen schwarzen Kranz nieder.
Der deutsche Vize-Regierungssprecher Thomas Steg sagte dem
"Tagesspiegel" (Samstagausgabe), die Enttäuschung der Türkei über die
Resolution sei "unverständlich". "Es ist eine ausgewogene
Resolution.". Den Vorwurf Erdogans, Bundeskanzler Gerhard Schröder
(SPD) habe nicht zu seinen früheren Äußerungen über das
Armenier-Massaker gestanden, wies Steg zurück. Schröder habe immer
seine eigene Position deutlich gemacht, sagte der Sprecher.
Erdogan kritisierte, der Bundestag sei zum Opfer armenischer Lobbies
geworden. Vor der deutschen Botschaft in Ankara versammelten sich am
Freitag zwischen 50 und 100 Mitglieder einer nationalistisch
geprägten Gewerkschaft, um gegen die deutsche Entscheidung zu
protestieren. Der türkische Nachrichtensender NTV meldete, dabei habe
es Handgreiflichkeiten zwischen den Demonstranten und
Sicherheitskräften gegeben. In Parolen kritisierten die Demonstranten
Deutschland als "faschistisch". "Hitlers Bastarde", lautete eine der
Parolen.
Die Türkei drohte mit Konsequenzen für die deutsch-türkischen
Beziehungen. Ein Bericht der türkischen Zeitung "Vatan", wonach die
Türkei aus Protest gegen den Bundestagsbeschluss möglicherweise ihren
Botschafter in Berlin zu Konsultationen nach Ankara zurückrufen
werde, wurde in türkischen Regierungskreisen jedoch dementiert.
Am Donnerstag war der Gesandte der deutschen Botschaft in Ankara ins
türkische Außenministerium zitiert worden. Außenminister Abdullah Gül
hatte die Resolution als "verletzend" für die Türkei und die in
Deutschland lebenden Türken kritisiert.
Der Bundestag hatte am Donnerstag mit den Stimmen aller Fraktionen
eine Entschließung zum Gedenken an die türkischen Massaker an den
Armeniern im Jahr 1915 verabschiedet. In der Resolution selbst ist
nicht von "Völkermord" die Rede, wohl aber in der Antragsbegründung.
Mit dem Beschluss fordert der Bundestag die Bundesregierung auf,
"dabei mitzuhelfen, dass zwischen Türken und Armeniern ein Ausgleich
durch Aufarbeitung, Versöhnen und Verzeihen historischer Schuld
erreicht wird".
Bei den zwischen 1915 und 1917 verübten Massakern und durch
Todesmärsche starben zwischen 300.000 und 1,5 Millionen Armenier. Ein
Großteil der internationalen Öffentlichkeit stuft die Verbrechen als
Völkermord ein. Aus Sicht der Türkei handelte es sich bei den
Ereignissen dagegen um die tragischen Folgen einer Zwangsumsiedlung,
die wegen des Krieges erforderlich gewesen sei.
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