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Kaiser Wilhelm II. und die Geschehnisse am Bosporus

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  • Kaiser Wilhelm II. und die Geschehnisse am Bosporus

    Frankfurter Allgemeine Zeitung
    29. April 2005

    Kaiser Wilhelm II. und die Geschehnisse am Bosporus


    Zu Ihrer ausführlichen Berichterstattung über die Greuel an den
    Armeniern seitens des Osmanischen Reiches im Jahre 1915 (F.A.Z. vom
    23. April) erlaube ich mir anzumerken: In Ihren zahlreichen Artikeln
    zum Völkermord in Kleinasien im zweiten Kriegsjahr 1915 suggerieren
    Sie, die Armeniergreuel seien eine tragische Folgeerscheinung des
    Ersten Weltkrieges.

    Der osmanische Sultan Abd ül-Hamid II. (gestorben 1918), ein
    Bewunderer Wilhelms II., hatte bereits in den frühen 1890er Jahren
    mehrere hunderttausend Armenier ermorden lassen. 1909, im Gefolge der
    jungtürkischen Revolution, hoben die blutigen Verfolgungen gegen die
    christliche Minderheit von neuem an, als Nonkonformisten des neuen
    jungtürkischen Regimes die Armenier der "Unterstützung der
    Revolution" bezichtigten und etwa 20000 Armenier in Südostkleinasien
    mit Zentrum in Adana niedermetzelten. Die politische Führung um den
    deutschen Kaiser Wilhelm II., der sich 1898 in seiner berühmten
    Damaskusrede zum "Schutzherrn" der Mohammedaner erklärt hatte, als
    auch die deutsche Öffentlichkeit waren explizit über die grausamen
    Geschehnisse am Bosporus unterrichtet. Berichteten doch die deutschen
    Zeitungen, unter anderen die renommierte Gazette "Frankfurter Zeitung
    und Handelsblatt", in ihren Aufmachern in aller Ausführlichkeit von
    den Greueltaten der Hohen Pforte. Obwohl vertragspolitisch kein
    Bündnis zwischen dem vom Norden vom Zarenreich bedrohten Osmanischen
    Reich und Berlin bestand, versuchte die Reichsleitung seit 1912, den
    "sterbenden Mann am Bosporus" näher an den Dreibund zu binden.
    Wilhelm II. hat aber wohl wissend die unglaublichen Massaker an den
    Armeniern militärischen wie politischen Interessen nachgeordnet.

    Im Juli 1915 endlich berichtete die deutsche diplomatische Vertretung
    in Istanbul nach Berlin, die Zwangsmaßnahmen gegen die Armenier in
    Kleinasien machten deutlich, daß die türkische "Regierung tatsächlich
    den Zweck verfolgt, die armenische Rasse im türkischen Reiche zu
    vernichten".

    Dr. phil. Michael Peters, Erlangen
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