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    Frankfurter Allgemeine Zeitung
    6. Mai 2005

    Schröder "guten Mutes" in Ankara;
    Gespräche über Reformen, Religionsfreiheit, Armenien und Doppelpaß




    Her. ISTANBUL, 5. Mai. Bundeskanzler Schröder hat die Türkei zu
    verstärkten Reformanstrengungen aufgerufen. Er sei "guten Mutes", daß
    sie bis zum Beginn der EU-Beitrittsverhandlungen am 3. Oktober die
    Reformen verwirklichen und das Ankara-Protokoll zur Anerkennung der
    Republik Zypern unterzeichnen werde, sagte er am Mittwoch nach einem
    Gespräch mit Ministerpräsident Erdogan in Ankara. Natürlich wisse er,
    daß die Verwirklichung von Reformen schwierig sei und man angesichts
    von Widerständen in der Gesellschaft gelegentlich mit Rückschlägen
    rechnen müsse, sagte Schröder. Wichtig sei daher, daß die Regierung
    Erdogan ihren Reformweg entschieden weitergehe.

    Schröder, der Erdogan mit "lieber Freund" anredete, sagte, die Türkei
    habe eine große politische und strategische Bedeutung für
    Deutschland. "Beeindruckend" nannte er die wirtschaftliche
    Entwicklung der Türkei. Nun gelte es, die Dynamik des Reformprozesses
    beizubehalten und "pünktlich" am 3. Oktober die
    Beitrittsverhandlungen aufzunehmen. Dazu müßten beide Seiten ihre
    Verpflichtungen einhalten. "Eine so wichtige strategische
    Entscheidung, die von so ungeheurer historischer Bedeutung" sei,
    könne nicht von wechselnden Meinungsumfragen abhängig gemacht werden.


    Vor seinem Besuch beim Ökumenischen Patriarchen in Istanbul forderte
    Schröder von Erdogan Verbesserungen bei der Religionsfreiheit. Die
    "freie Religionsausübung ist ein Teil der europäischen Agenda", sagte
    er. Freuen würde er sich über Fortschritte bei den Bemühungen zur
    Wiedereröffnung des 1971 geschlossenen einzigen Seminars der
    griechisch-orthodoxen Christen der Türkei. Er wisse indes, daß bei
    diesem Thema Geduld erforderlich sei. Später sagte Schröder, die Lage
    der nichtmuslimischen Religionsgemeinschaften in der Türkei liege ihm
    sehr am Herzen.

    Der Bundeskanzler forderte, daß die EU die von den griechischen
    Zyprern blockierte Finanzhilfe an die türkischen Zyprer von 259
    Millionen Euro freigebe. Die türkischen Zyprer, die dem Annan-Plan
    zur Wiedervereinigung der Insel zugestimmt hätten, dürften nun nicht
    darunter leiden, daß der Süden diesen Plan abgelehnt habe. Man müsse
    darauf hinwirken, daß die wirtschaftliche Förderung des türkischen
    Nordens der Insel in Gang komme. Schröder sprach sich für neue
    Verhandlungen über eine Wiedervereinigung der Insel aus.Der
    Bundeskanzler unterstützte Erdogans Initiative zur Bildung einer mit
    türkischen, armenischen und internationalen Historikern besetzten
    Kommission. Sie solle "die Vorgänge, die seinerzeit stattgefunden
    haben, fair aufarbeiten, so wie sie der historischen Wirklichkeit
    entsprechen". Deutschland sei bereit, zur Verbesserung der
    Beziehungen zwischen der Türkei und Armenien beizutragen. Als
    "schädlich" für die bilateralen Beziehungen bezeichnete Erdogan den
    Antrag der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag anläßlich des 90. Jahrestags
    des Beginns der Massaker an den Armeniern. Dazu habe er dem
    Bundeskanzler seine "ernsten Sorgen und Erwartungen" mitgeteilt,
    sagte Erdogan.

    Schröder sicherte Erdogan zu, die Innenminister beider Länder würden
    versuchen, für die türkischstämmigen Bürger, die ihre deutsche
    Staatsbürgerschaft nach der abermaligen Annahme der türkischen
    verloren hatten, eine schnelle und unkomplizierte Lösung zu finden.
    In Deutschland gebe es nur eine Staatsangehörigkeit, hob Schröder
    hervor. Man könne aber diejenigen, die die Gesetzeslage nicht im
    einzelnen gekannt hätten, nun nicht dafür bestrafen, daß sie sie
    nicht gekannt hätten. In den vergangenen Jahren hatten etwa 50 000
    türkischstämmige Bundesbürger widerrechtlich die alte türkische
    Staatsbürgerschaft wiedererlangt.

    An der Istanbuler Marmara-Universität erhielt Schröder die erste
    Ehrendoktorwürde der Rechtsfakultät; für ihn ist es die dritte. In
    seiner Dankesrede sagte Schröder, wer behaupte, die EU und die Türkei
    gingen nicht zusammen, der blende die Geschichte aus. Schröder
    erinnerte an die deutschen Wissenschaftler, die, wie Ernst Reuter und
    Ernst Hirsch, in der Zeit des nationalsozialistischen Terrors
    gastfreundschaftliche Aufnahme in der Türkei gefunden hätten.
    Schröder schloß seine Rede in der Universität mit dem Aufruf, den
    Reformweg weiterzugehen. "Deutschland werden Sie dabei an Ihrer Seite
    wissen."

    Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) hat an der
    Marmara-Universität - sie besteht seit 120 Jahren und ist die
    drittgrößte der Türkei - eine deutschsprachige Abteilung für
    Betriebswirtschaft und Wirtschaftsinformatik aufgebaut. Sie gilt als
    eine der größten Projekte des DAAD, Schröder nannte sie das
    Aushängeschild der deutsch-türkischen Hochschulkooperation. Schröder
    sagte, er würde es sehr begrüßen, würde die Abteilung in eine
    deutschsprachige Fakultät mit stark europäischer Ausrichtung
    ausgebaut.

    Seinen "lieben Freund" Erdogan sieht Schröder als Garanten für den
    türkischen Reformweg. Am Beginn der EU-Beitrittsverhandlungen im
    Oktober will der Kanzler unbedingt festhalten. Beide Seiten hätten
    Verpflichtungen, sagte er in Ankara.

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