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Konrad-Adenauer-Stiftung: Politischer

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    Politischer Bericht/KAS/Türkei/04/05 in pdf. auch zum downloaden


    Konrad-Adenauer-Stiftung, Ahmet Rasim Sokak 27, 06550 Cankaya/ Ankara Länderbüro Türkei

    POLITISCHER BERICHT
    TÃRKEI
    ÃBERSICHT
    ¢ Kontroverse Diskussionen über die `Armenier-Frage`
    ¢ Mutterlandspartei (ANAP) wieder im Parlament vertreten
    ¢ Wahl in Nordzypern und EU-Beitrittsverhandlungen der Türkei
    ¢ Info-Mail

    Kontroverse Diskussionen über die `Armenier-Frage`
    Unabhängig von dem Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion: `Gedenken
    anlässlich des 90. Jahrestages des Auftaktes zu Vertreibungen an
    den Armeniern am 24. April 1915 ` Deutschland muss zur Versöhnung
    zwischen Türken und Armeniern beitragen` ist die Bedeutung dieses
    Jahrestages auch in der Türkei im Bewusstsein der Men-schen. Seit
    Wochen wird eine kontroverse Diskussion, insbesondere in den
    türkischen Medien, über dieses Thema geführt.

    Historiker und mittlerweile auch Politiker äuÃern sich dazu
    und haben eine bemerkens-werte Kontroverse angefacht. Der Vorwurf des
    sog. `Genozids` an den Armeniern, be-ginnend im Jahre 1915, wird zwar von
    allen Seiten kategorisch abgelehnt, aber es meh-ren sich auch Stimmen, die
    zumindest viele Vorkommnisse nicht in Abrede stellen. Die-se Kreise
    beklagen ferner die Haltung vieler Türken, die sich einer
    Anerkennung jegli-cher Untaten in der damaligen Zeit prinzipiell
    verweigern.
    Nach dem sich der bekannte türkischen Schriftsteller Orhan Pamuk -
    der in einer engli-schen Tageszeitung einen `Genozid` an den Armeniern
    konstatierte, der bis zu einer Millionen Armenier das Leben gekostet haben
    solle ` offen dazu äuÃerte, meldete sich auch der bekannte
    Soziologe und Historiker Prof. Halil Berktay von der
    Sabanci-Universität zu Wort. Seiner Ansicht nach sei der Befehl des
    Triumvirats um Enver-Pascha, Talat-Pascha und Cemal-Pascha zur Umsiedlung
    der Armenier nicht nur auf
    Tel: (0090) 3124404080 Fax: (0090)-3124403248 E-Mail: [email protected]
    Internet: www.kas.de


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    Politischer Bericht/KAS/Türkei/04/05

    den Osten des Osmanischen Restsreichs begrenzt gewesen, sondern habe im
    gesam-ten Reichsgebiet gegolten. Das `Umsiedlungsgesetz` von damals
    beinhalte seiner An-sicht nach deutlich einen Charakter der `ethnischen
    Säuberung`. Berktay wies ferner daraufhin, dass die
    Türkische Republik zwar nicht für diese Vorkommisse
    verantwort-lich zu machen sei, ein führender Politiker wie der
    Ministerpräsident oder der AuÃenmi-nister aber seine Sorge
    und Trauer aufgrund der Vorkommnisse äuÃern solle. Alles
    andere läge dann aber bei den Historikern und den nachfolgenden
    Generationen.
    Diese Aussagen, insbesondere die Bezeichnung `Ethnische Säuberung`
    stieà auf hefti-ge Kritik der `Türkischen Gesellschaft
    für Geschichte` (Türk Tarih Kurumu). Der Vorsit-zende dieser
    staatlichen Institution, Prof. Dr. Yusuf Halaçoðlu, wies
    diesen Vorwurf ent-schieden zurück. Seiner Meinung nach beweise das
    Gesetz vom 18. Dezember 1918 - mit dem die Rückkehr der
    deportierten Armenier in die Türkei geregelt worden sei ` viel mehr
    genau das Gegenteil. Von den ca. eine Million in Anatolien lebenden
    Armeniern vor dem 1. Weltkrieg, hätten 644.900 Menschen dieses
    Angebot angenommen und seien nach Anatolien zurückgekehrt. Alle
    üblicherweise verwendeten Zahlen über die Todesopfer seien
    historisch gar nicht zu beweisen. Nach eigenen Berechnungen wären
    durch Krankheiten ca. 100.000 Armenier ums Leben gekommen. Zudem habe das
    `Umsiedlungsgesetz` die katholischen und protestantischen Armenier nicht
    betroffen, so Halaçoðlu weiter. Dieser Diskurs zeigt, dass
    mittlerweile eine offene Debatte unter türkischen Historikern
    begonnen hat.
    Im Rahmen dieser Diskussionen werden nun immer wieder neue Quellen und
    Doku-mente vorgelegt. Eigentlich sollten sich in diesem Jahr
    türkische und armenische Histo-riker in Wien treffen. Da die
    armenische Seite jedoch ihre Unterlagen nicht eingereicht hatte, wurde
    dieses Treffen abgesagt. Die türkische Seite habe annähernd
    100 Doku-mente vorgelegt, so Halaçoðlu, die von der
    armenischen Seite aber bisher nicht kom-mentiert wurden.
    Der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdoðan traf
    sich zur Sondierung der Lage und der Absprach einer gemeinsame Strategie
    zur Armenierfrage mit dem Oppositionsfüh-rer Deniz Baykal
    (CHP). Beide einigten sich darauf, dass diese Problematik nicht poli-tisch
    angegangen, sondern die Vorkommnisse sollen von Historikern aufgearbeitet
    werden. Mittlerweile werden Aussagen von bekannten ausländischen
    Wissenschaftlern, wie von dem US-Amerikaner Prof. Justin McCarthy,
    präsentiert. Nach McCarthy habe es einen Bürgerkrieg
    zwischen Armeniern und Türken gegeben und dabei seien
    zah-lenmäÃig weit mehr Türken als christliche
    Armenier zu Tode gekommen. McCarthy er-klärte ferner, dass das
    `Blue Book' des Historikers Arnold J. Toynbee ` dieses Buch wird oft
    als Quelle angeführt - ein reines Propagandamittel gewesen sei. Der
    Autor selbst habe dies später auch eingestanden.
    Viele Kommentatoren der türkischen Tageszeitungen greifen das Thema
    auf. In allen seriösen Presseorganen ist der Tenor der
    Berichterstattung eindeutig: Es gebe sehr wohl ein `Armenier-Problem`. Die
    Vorkommnisse des Jahres 1915 hätten aber nicht den Charakter eines
    Genozids, sondern es sei als Folge der bürgerkriegsähnlichen
    Umstände zur Umsiedelung und Deportation von Armeniern gekommen. In
    diesem Zu-sammenhang seien auch sehr viele muslimische Opfer unter
    Türken und Kurden zu beklagen. Einige fordern von der Politik,
    hinsichtlich des Themas endlich Stellung zu beziehen. Die türkische
    Regierung besitze durchaus die demokratische Reife, dieses Problem zu
    lösen. Darüber hinaus müsse die Türkei damit
    aufhören, reflexartig andere

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    Politischer Bericht/KAS/Türkei/04/05

    Länder - wie z.B. Frankreich ` sofort eigener `dunkler Flecken` in
    ihrer Geschichte zu beschuldigen, nur weil sie eine Resolution zur
    `Armenier-Frage` verabschiedet haben. Der Kolumnist Ã'smet Berkan der
    Tageszeitung šRadikal' ging sogar noch weiter: `Immer wenn solche
    Fragen in der Türkei auftauchen, rettet man sich in die Phrasen,
    das sol-len die Historiker aufarbeiten oder aber die andere Seite hat doch
    auch unsere Leute getötet. Diese letzte Aussage ist mit der
    Ã`berschrift: Politik der Leugnung zu betiteln. Der Versuch der
    regierenden AKP und der Oppositionspartei CHP sowie die Anstren-gungen der
    Türkischen Gesellschaft für Geschichte bedeuten nichts
    anderes als diese Leugnung. Jedoch wissen wir alle, dass in jenen Jahren
    Dinge geschehen sind und selbst nach 90 Jahren seit diesen Vorkommnissen,
    können wir heute noch immer nicht offen darüber reden, was
    damals genau geschah`.
    Mutterlandspartei (ANAP) wieder im Parlament vertreten
    Nach seinem überraschenden Rücktritt vor vier Wochen als
    Tourismusminister der AKP wurde vielfach über die politische
    Zukunft von Erkan Mumcu spekuliert. Genauso über-raschend wie sein
    Rücktritt vor Monatsfrist kam nun der Eintritt Mumcus in die
    Mutter-landspartei (ANAP). Diese Entwicklung hielten die wenigsten
    politischen Beobachter für möglich. Es wurde vielmehr
    angenommen, dass Mumcu die Führungs- und Integrati-onsfigur einer
    neuen Mitte-Rechts Bewegung werden könnte.
    Die Zersplitterung der türkischen Parteienlandschaft ist
    insbesondere auf dem Mitte-Rechts-Flügel des türkischen
    Parteienspektrums sehr ausgeprägt. Neben der `Neuen Mitte` AKP,
    erheben die `Partei des Rechten Weges` (DYP), die ANAP und viele kleine-re
    Parteien den Anspruch auf die konservative Mitte. Ã`ber ein
    Zusammengehen der DYP und ANAP wurde in den vergangenen Jahren immer
    wieder nachgedacht, jedoch scheiterte dies meist an dem Widerstand der
    jeweiligen Parteivorsitzenden. Viele Mit-glieder beider Parteien haben
    ihre politischen Wurzeln in der `Demokratischen Partei` von Adnan Menderes
    und der Nachfolgepartei, der `Gerechtigkeitspartei` (DP) von
    Sü-leyman Demirel.
    Mumcu ist einer Partei beigetreten, die er vor fast drei Jahren
    verlieÃ. Zuletzt war er stellv. ANAP-Parteivorsitzender und
    Tourismusminister. Nach den nationalen Parla-mentswahlen vom November 2002
    war die ANAP mit ca. 5% der Wählerstimmen deut-lich unter der
    10%-Sperrklausel geblieben und zum ersten Mal seit ihrer Gründung
    durch Turgut Ã-zal nach fast 20 Jahren nicht mehr im Parlament
    vertreten. Die Mutter-landspartei wird Ende April 2005 einen Parteitag
    durchführen. Politische Beobachter gehen davon aus, dass dann Erkan
    Mumcu neuer ANAP-Vorsitzender wird.
    Somit könnte er, ohne eine neue Partei gründen zu
    müssen, auf die vorhandenen Strukturen der ANAP
    zurückgreifen. Die Zulassung türkischer Parteien wird von
    der `Hohen Wahlkommission` vor nationalen Wahlen im Detail
    überprüft. So müssen die Parteien in mindestens der
    Hälfte aller 81 türkischen Provinzen eine regionale
    Organi-sation vorweisen. Der Neuaufbau einer landesweiten Parteistruktur
    ist natürlich weit schwieriger und teurer, als vorhandene
    Strukturen zu nutzen. Dies war vielleicht auch der Grund, warum Mumcu
    wieder seiner šalten' Partei beitrat.
    Seit seinem Parteiaustritt aus der AKP sind weitere fünf
    AKP-Parlamentarier (Stand 24. März 2005) aus der AKP ausgetreten,
    von denen drei zeitgleich mit Mumcu der ANAP
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    Politischer Bericht/KAS/Türkei/04/05

    beigetreten sind. Nach fast drei Jahren parlamentarischer Abstinenz ist
    die ANAP nun wieder mit vier Abgeordneten in der GroÃen
    Türkischen Nationalversammlung vertre-ten. Sie hat damit nach
    geltendem Recht einen Anspruch auf einen nicht unerheblichen Betrag der
    staatlichen Parteienfinanzierung. Für die ANAP, die in den letzten
    Jahren erhebliche finanzielle Schwierigkeiten gehabt haben soll, bedeutet
    dies ein willkomme-ner Geldsegen. Dies könnte für das
    politische Ã`berleben der Partei kurzfristig wichtiger sein als die
    wiedererlangte Präsenz im Parlament.
    Hinter den Kulissen, so wird in den Medien spekuliert, hätten nach
    den Parteiaustritten aus der regierenden AKP und der Oppositionspartei
    CHP, die Parteigremien beider Parteien sich darüber geeinigt, in
    naher Zukunft eine Änderdung des türkischen
    Partei-engesetzes durchzusetzen. Demnach sollen künftig nur
    Parteien mit 10 oder mehr Ab-geordneten in den Genuss der staatlichen
    Parteinfinanzierung kommen. Ferner soll eine Kandidatur eines
    Abgeordneten, der während einer Legislaturperiode die Partei
    wechselt, für die erste nachfolgende nationale Wahl nicht mehr
    möglich sein. Eine Re-form des türkischen Parteien- und
    Wahlrechts ist zwar für viele politische Beobachter schon lange
    dringend erforderlich. Gesetzesänderungen die nur auf den eigenen
    Machterhalt abzielen, würden aber die innerparteiliche Demokratie
    schwächen und die Politikverdrossenheit in der Türkei nur
    verstärken.
    Wahl in Nordzypern und EU-Beitrittsverhandlungen der Türkei
    Mit der Annahme des Annan-Plans zur Ã`berwindung der Teilung auf Zypern
    im Rahmen des Referendums im nördlichen Teil der Insel, wurde
    zunächst ein groÃes Hindernis der Türkei auf dem Weg
    nach Europa aus dem Weg geräumt. Die europäischen Staats-
    und Regierungschefs machten in ihrer Zustimmung für die
    EU-Beitrittsverhandlungen am 17. Dezember 2004 aber auch klar, dass vor
    Beginn der Verhandlungen im Oktober 2005 die Zollunion der Türkei
    mit den neuen EU-Mitgliedsländern, d.h. auch mit der Republik
    Zy-pern, unterschrieben sein muss. Die politische Entwicklung auf Zypern
    hat daher auch für Ankara eine groÃe politische Bedeutung.
    Mit dem Wahlsieg am 20. Februar 2005 des bisherigen
    šMinisterpräsidenten' - der nur von der Türkei
    völkerrechtlich anerkannten `Türkischen Republik Nordzypern`
    (TRNC) - Mehmet Ali Talat und seiner europa-orientierten `Partei
    Republikanischer Türken` (CTP) begann eine weitere Etappe auf dem
    Weg zur Wiedervereinigung der seit 1974 geteilten Inselrepublik.
    Die Wahlen auf der Mittelmeerinsel waren notwendig geworden, nachdem drei
    Abge-ordnete die Koalition der CTP mit der `Demokratischen Partei` (DP)
    Serdar Denktaþ' verlassen hatten. Die so entstandene
    Minderheitsregierung war nicht mehr handlungs-fähig. Talat reichte
    nach erfolglosen Koalitionsgesprächen mit anderen Parteien seinen
    Rücktritt ein. Nun konnte sich Talat erneut in der Wahl gegen
    seinen nationalistischen und anti-europäisch gesinnten Gegner
    Derviþ Eroðlu der Partei der `Nationalen Einheit` (UBP)
    erfolgreich durchsetzen. Während Talat 44% der Stimmen erreichte,
    konnte die UBP nur 32% für sich erzielen. Das Ergebnis Talats
    verbesserte sich damit im Ver-gleich zur letzten Wahl um 9%. Dies ist
    nicht nur als eine generelle Zustimmung zu der Politik des
    `Ministerpräsidenten` zu werten, sondern zeigt ` wie schon die
    enorme Zu-stimmung von 65% des Referendums vom 24. April 2004 über
    den UN-Plan zur Wie-dervereinigung Zyperns ` den Wunsch der
    türkischen Zyprioten, der EU beizutreten.
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    Politischer Bericht/KAS/Türkei/04/05

    Dieses Begehren weià Talat als versierter Diplomat und
    Realpolitiker, auf dem interna-tionalen Parkett mit Nachdruck zu
    vertreten. Dabei macht er sich von den nationalisti-schen Vorbehalten
    seiner Amtsvorgänger frei und strebt eine multilaterale
    Lösung im Rahmen der EU und UN auf internationaler Ebene an.
    Jedoch konnte Talat nur 24 der 50 Parlamentsmandate gewinnen und verpasste
    somit knapp die absolute Mehrheit. Eine Fortführung der Koalition
    mit der Demokratischen Partei, die 13% erreichte und damit sechs Sitze
    bekam, scheint aber gesichert.
    Damit könnte jedoch eine Umsetzung des von Talat favorisierten
    Annan-Plans zur Ver-einigung Zyperns gefährdet sein, denn Serdar
    Denktaþ ist ` wie sein Vater der amtie-rende
    `Staatspräsident` der TRNC Rauf Denktaþ ` kaum bereit,
    Konzessionen zur Wie-dervereinigung an die griechischen Zyprioten zu
    machen. Vielmehr wollen beide auch weiterhin eine internationale und
    völkerrechtliche Anerkennung der Türkischen Repu-blik
    Nordzypern durchsetzen.
    Die internationale Bedeutung der Wahl ist deshalb groÃ. So
    begrüÃte die Europäische Kommission das Ergebnis der
    Wahl und wertete den Sieg Talats als ein Zeichen der Bereitschaft
    Nordzyperns, im Rahmen der Vereinten Nationen den Annan-Plan
    umzu-setzen. Bereits vor der Wahl wurde Talat durch den Präsidenten
    der Europäischen Kommission Jose Manuel Barroso und auch von der
    amerikanischen Regierung öffent-lich unterstützt.
    In Ankara wurde der Wahlsieg Talats als ein Erfolg der
    pro-europäischen Kräfte gewer-tet. Eine Niederlage Talats
    und seiner Partei hätte eventuell als eine Schwäche des
    Einflusses der Türkei auf Zypern gedeutet werden
    können. Doch nun scheint der Ball in der politischen
    Spielhälfte der griechischen Zyprioten gelandet zu
    sein. Während diese weiterhin den Annan-Plan und somit einen
    Beitritt des Nordens in die EU ablehnen und im Europäischen Rat
    diesbezüglich eine Blockadehaltung einnehmen, werden die Stim-men
    in der EU lauter, die politische Isolation Nordzyperns und das damit
    verbundene Embargo aufzuheben oder zumindest zu lockern. Die
    Europäische Kommission bekräf-tigte, das schon nach dem
    Referendum im April 2004 versprochene Finanzpaket von rund 259 Mio. Euro
    umzusetzen. Damit würde die EU auch auf die Forderungen der
    türkischen Regierung eingehen und ihren guten Willen gerade zu
    Beginn der Beitritts-verhandlungen bekunden.
    Die türkische Regierung ist weiterhin bereit an den
    Verhandlungstisch zurückzukehren. Dabei ist sich die Regierung in
    Ankara durchaus bewusst, dass ein EU-Beitritt der Tür-kei nicht
    ohne eine vorherige Lösung der Zypernfrage möglich sein
    wird. Doch strebt Ankara keine bilaterale Lösung an, sondern
    möchte im Rahmen der EU und der UN die Zypernfrage klären
    und dadurch internationales Einvernehmen erreichen. Dabei wird auch zu
    diskutieren sein, welche Rolle das türkische Militär
    zukünftig in Zypern spielen wird. Heute sind laut Presseberichten
    noch etwa 40 000 türkische Soldaten in Nordzy-pern stationiert.
    Die Zukunft eines EU-Beitritts der Türkei ist daher auch mit den
    Entwicklungen auf Zy-pern verbunden. Es bleibt abzuwarten, wie sich die
    Gespräche der beiden Bevölke-rungsgruppen entwickeln und
    welche Auswirkungen sie auf das Verhältnis der Türkei zur EU
    haben werden. Die nächste wichtige Entscheidung auf Zypern steht
    schon bald
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    Politischer Bericht/KAS/Türkei/04/05 an:

    die Wahl des `Staatspräsidenten`. Talat kandidiert und sollte er in
    der Tat Rauf Denktaþ ablösen, könnte dies
    mittelfristig zu einer Lösung der Zypernfrage führen.
    Denktaþ will nicht wieder für das Amt des
    `Staatspräsidenten` kandidieren. Damit würde einer der
    hartnäckigsten Gegner eines Wiedervereinigungsplans die politische
    Bühne verlassen. Er hat in einem ausführlichen
    Zeitungsinterview die Gründe, weshalb er im April 2005 nicht zur
    Wiederwahl als Staatspräsident zur Verfügung, stehe
    genannt. Er hätte demnach bisher mit jeder türkischen
    Regierung harmonisch zusammenarbeiten können. Mit der AKP habe er
    jedoch nach deren Unterstützung für den Annan-Plan
    er-hebliche Meinungsverschiedenheiten gehabt. Zudem kritisierte er auch
    die türkischen Medien, die die Zypernfrage mit einer Zensur belegt
    hätten. Damit glaubten diese wohl, den Weg der Türkei nach
    Europa zu ebnen. Gerade das Gegenteil sei jedoch eingetre-ten. Die EU
    konnte nur deshalb Druck auf die Türkei ausüben, weil die
    türkische Regie-rung die Sensibilitäten des
    nordzypriotischen Volkes nicht verstanden habe.
    Die Weichen für eine Lösung der Zypernfrage scheinen auf der
    nordzypriotischen und türkischen Seite gestellt. Nun hängt
    vieles von dem Verhalten der griechischen Zyprio-ten ab.
    Info-Mail
    Aktueller Stand der Sitzverteilung in der GroÃen türkischen
    Nationalversammlung (Stand 25. März 2005): AKP 361 Sitze, CHP 168
    Sitze, Unabhängige 9 Sitze, DYP 6 Sitze, ANAP 4 Sitze, HYP 1
    Sitz. +++ Das Buch Hitlers `Mein Kampf`, dessen Druck und Verkauf in der
    Türkei nicht verboten ist, wird auf allen Bestsellerlisten in der
    Türkei ganz oben geführt. Mittlerweile sollen 13
    verschiedene Verlagshäuser das Buch auf den Markt gebracht
    ha-ben. In den letzten Monaten sollen nach Aussagen von Verlegern 100.000
    Exemplare von `Mein Kampf` landesweit abgesetzt worden sein. Dies ist eine
    unglaublich hohe Zahl, wenn man bedenkt, dass Romane des erfolgreichsten
    zeitgenössischen türkischen Schriftstellers Orhan Pamuk in
    der Erstauflage meist nur in 50.000 Exemplaren gedruckt werden. Politische
    Beobachter glauben in der Ursachenforschung als erstes den Buch-preis
    dafür verantwortlich zumachen. Er liegt mit ca. drei Euro weit
    unter dem normalen Preis für Bücher in der Türkei.
    Dahinter vermuten einige tiefer gehende Ursachen. Als Re-aktion auf die
    ständigen Zugeständnisse der Regierung an die EU sei ein
    gewisser Unmut und Ruck nach Rechts auszumachen, der die Menschen zur
    Lektüre dieses Buches trei-be. So sollen insbesondere
    Türken mit guter Ausbildung, die ein Gefühl des
    Hintergan-genseins verspürten, unter den Lesern sein. +++ Der
    šGrüne Mond' und der `Verein zum Kampf gegen Tabakkonsum` haben
    gemeinsam auf einer Pressekonferenz Angaben zum Tabakkonsum in der
    Türkei gemacht. Demnach seien in der Türkei im Jahre 2004
    rund 5,5 Mrd. Zigarettenpackungen verkauft worden, was 8,3 Mrd. US-Dollar
    entspreche. Nach Aussagen beider NRO würden 20-25 Millionen
    Türken rauchen, 60% der Männer und 20% der Frauen. 13% der
    Kinder zwischen 7-13 Jahren würden dies ebenfalls tun. Im Jahr
    2004 seien an den Folgen des Tabakkonsums 110.000 Türken
    verstorben und der volkswirtschaftliche Gesamtschaden belaufe sich auf
    insgesamt 20 Mrd. US-Dollar. +++
    Ausländer, die in der Türkei arbeiten wollen, sen ihren
    Antrag auf Arbeitserlaubnis seit Oktober 2003 beim türkischen
    Ministerium für Arbeit und Soziale Sicherheit stellen. Bisher
    gingen beim Ministerium 15.825 Anträge ein, von denen 2.470
    abgelehnt wurden. Mehr als 300 Anträge seien auf Grund von
    Sicherheitsbedenken nicht genehmigt worden, wobei nach Presseberichten
    der Verdacht auf Missionarstätigkeit der Grund dafür
    gewesen sein
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    Politischer Bericht/KAS/Türkei/04/05 7 soll.

    +++ Die Lufthansa konnte ihren Umsatz mit Flügen aus und in die
    Türkei im Jahre 2004 auf 45 Mio. Euro erhöhen. Im
    vergangenen Jahr habe die Lufthansa 640.000 Flug-gäste aus und in
    die Türkei geflogen. +++ Zur Vorbereitung der am 03. Oktober 2005
    be-ginnenden EU-Beitrittsverhandlungen hat das türkische
    Landwirtschaftsministerium den ehemaligen stellv. polnischen
    Landwirtschaftsminister Jerzy Plewa, der auch Polens
    Ver-handlungsführer im Agrarsektor war, wiederholt in die
    Türkei eingeladen. Der türkische Agrarminister Sami
    Güçlü hat in einer Pressekonferenz der Landwirtschaft
    der Türkei und Polens sehr ähnliche Strukturen und Probleme
    attestiert. Die Türkei wolle von Plewas Er-fahrungen lernen und
    denke eine ähnliche Strategie wie Polen bei den EU-Verhandlungen zu
    verfolgen. +++ Nach Aussagen der Untersuchungskommission für
    Finanzverbrechen (MASAK) des türkischen Finanzministeriums sei der
    Kampf gegen die Geldwäsche in der Türkei nach wie vor sehr
    problematisch. Zum
    einen fehle es noch immer an der notwendi-gen Infrastruktur und auch an
    den gesetzlichen Rahmenbedingungen. Zudem gebe es zwischen verschiedenen
    Einheiten des Finanzministeriums ein Kompetenzgerangel. Fer-ner
    würden von Banken und Finanzinstitutionen nur sehr wenige
    verdächtige Finanztrans-fers mitgeteilt. Im Jahr 2004 sei die
    Behörde nur über 283 Vorfälle informiert
    worden. Die-se Zahl müsste jährlich zwischen 3.000 und
    5.000 liegen, zumal in westeuropäischen Staaten jährlich
    stellenweise bis zu 20.000 Vorfälle den zuständigen
    Behörden gemeldet würden, so ein Sprecher. +++ Das
    türkische Justizministerium hat Statistiken zu Strafde-likten
    vorgelegt. Demnach sind von 67 Millionen türkischen
    Staatsbürgern acht Millionen, also ca. 11.7%, vorbestraft. Mit
    Datum vom 31. Oktober 2004 säÃen in allen 444
    türki-schen Straf- und Besserungsanstalten insgesamt 67.633
    Häftlinge ein. Das Ministerium bemängelte auch, dass bei
    den Strafvollzuganstalten ausgebildetes Personal
    wie Ärzte, Psychologen und Sozialarbeiter fehlten und
    etwa 2.500 Planstellen unbesetzt seien. Pro Jahr wachse zudem die Zahl
    der Häftlinge um durchschnittlich 5.000, weshalb die
    Kapazi-täten erhöht werden müssten. +++ Eine Umfrage
    von Eurobarometer ergab, dass die Mehrheit der Türken ein
    positives Bild von der EU hat. Während über 60% einen
    EU-Beitritt befürworten, lehnen diesen nur 12% ab. Von einem
    Beitritt erhoffen sich die meis-ten Türken sowohl einen Aufschwung
    der Wirtschaft als auch Arbeits- und Reisefreiheit innerhalb der
    EU. Jedoch fühlen sich lediglich 25% der Türken gut
    über die EU informiert, während 73% angeben, sie haben kein
    oder nur ein geringes Wissen über die EU. +++


    Ankara, den 24. März 2005 Frank Spengler/ Dirk Tröndle
Working...
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