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Armenienkonferenz nach Drohungen abgesagt

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    Die Welt
    Do 26. Mai 2005

    "Nie hatte ein Volk reinere Hände als das türkische"

    Armenienkonferenz nach Drohungen abgesagt

    von Boris Kalnoky

    Istanbul - Eigentlich sollte gestern in Istanbul eine
    Historiker-Konferenz zur armenischen Tragödie in der Türkei 1915-16
    stattfinden. Sie wäre bemerkenswert gewesen. Drei angesehene
    staatliche Universitäten (Bogazici, Bilgi und Sabanci) waren die
    Organisatoren, und trotz dieser staatlichen Dimension ging es nicht
    darum, einmal mehr laut zu rufen, daß es nie einen Genozid gegeben
    habe.


    Vielmehr war die Konferenz dem Thema "wissenschaftliche Verantwortung
    und Demokratie" gewidmet und versuchte damit die Gratwanderung
    zwischen den beiden extremen Positionen der türkischen Regierung und
    der armenischen Diaspora, um irgendwo in der Mitte der Wahrheit
    näherzukommen. Die türkische Position lautet, 300 000 Armenier kamen
    bei einer Verkettung unglücklicher Umstände ums Leben, beabsichtigt
    war das nicht, und Behauptungen eines Genozids sind
    verantwortungslose Attacken gegen den türkischen Staat. Die Armenier
    behaupten, 1,5 Millionen ihrer Landsleute wurden absichtlich
    massakriert, um das armenische Volk in der Türkei auszulöschen.


    Gerne hätte man einmal etwas Vernünftiges zu dem Thema gehört, aber
    die Konferenz findet nicht statt. Einer der Organisatoren, Halil
    Berktay, nannte dieser Zeitung als Grund eine "schreckliche Rede" von
    Justizminister Cicek. Der hatte laut Medienberichten im Vorfeld der
    Konferenz vor dem Parlament gesagt, die Teilnehmer seien allesamt
    armenisch gesinnt und würden "der Türkei das Messer in den Rücken
    stoßen". Was hat es zu bedeuten, fragte der Minister, wenn das Land,
    mit der Regierung und der Opposition, Staat und Volk gemeinsam
    versuchen, die Behauptung vom angeblichen Armeniergenozid zu
    widerlegen, und dann die Universität Bogayici dann diesen Bemühungen
    in den Rücken fällt? "Wie können wir so ein bestimmtes Parlament
    überzeugen? Sie werden sagen, geht und überzeugt die Unviversität
    Bogazici", sagte Cicek. Und fügte hinzu, nie habe ein Volk reinere
    Hände und ein reineres Gewissen gehabt als das türkische.


    Ob es stimmt, daß ein Abgeordneter der Regierungspartei AKP gar das
    Volk aufrief, "die Hand zu erheben" gegen solch verräterische
    Umtriebe, tut kaum noch etwas zur Sache. Jedenfalls sahen sich die
    Organisatoren einer solchen Welle einschüchternder Deklarationen
    ausgesetzt, daß das Rektorat der Universität Bogazici folgende
    Erklärung veröffentlichte: "Wir sind besorgt darüber, daß die
    pauschalen Urteile über eine Konferenz, die noch nicht stattgefunden
    hat, der wissenschaftlichen Freiheit einer staatlichen Universität
    schaden werden."
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