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Die =?UNKNOWN?Q?europ=C3=A4ische_Krankheit=22Modell__Turkei=22?= ein

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  • Die =?UNKNOWN?Q?europ=C3=A4ische_Krankheit=22Modell__Turkei=22?= ein

    http://www.pnn.de/kultur/index.asp?gotos=http://ar chiv.tagesspiegel.de/toolb
    ox-pnn.php?ran=on&u rl=http://archiv.tagesspiegel.de/archiv/13.09.2005 /205056
    2.asp


    Die europäische Krankheit â~@~^Modell Turkei?": ein Berliner
    Symposion

    Die Kunst fuhlt sich bekanntlich längst nicht mehr fur den
    schönen Schein, sondern fur dessen Zerstörung zuständig. Deshalb
    ist es keine Uberraschung, wenn auch die zur Zeit im Berliner
    Martin-Gropius-Bau noch bis 3. Oktober zu sehende Ausstellung
    â~@~^Urbane Realitäten: Fokus Istanbul" die einschlägigen
    turkischen Symbole verdreht. Die Brechungen von Minarett,
    DönerspieÃ~_ und Halbmond lösen einen Schwindel aus, der auf jedes
    monolithische Kulturverständnis heilsam wirken muss. Nicht wenige
    Arbeiten der gut sechzig Kunstler aus zwanzig Ländern unterliegen
    dabei aber einer merkwurdigen Dialektik: Man erwartet so sehr, die
    eigenen Erwartungen durchkreuzt zu sehen, dass die gebrochenen
    Klischees wiederum zu solchen zu werden drohen. Manche Subversion
    verläuft derart augenfällig in den Geleisen des Mainstream, dass
    sie letztlich affirmativ wirkt. Die Provokation gelingt dennoch -
    nicht zuletzt, weil der turkische Staat beim Umgang mit seinen
    Symbolen traditionell wenig Humor zeigt.

    Ubersehen wird bei der munteren Hybridität, dass die Bruchlinien,
    an denen reale Gefahr lauert, nicht, wie uns die Ideologen des clash
    of cililizations glauben machen wollen, vornehmlich entlang
    kultureller Grenzen verlaufen. Konflikte drohen vielmehr zwischen
    globalisierten Eliten und dem Heer der Globalisierungs-Verlierer.
    Auch hier gilt: It's the economy, stupid. Der Riss verläuft mitten
    durch die Kulturen.

    Diskussionsstoff genug fur eine internationale Konferenz, die am
    Wochenende unter dem Titel â~@~^Modell Turkei?" im Haus der
    Kulturen der Welt und im Martin-Gropius-Bau stattfand und, so der
    Untertitel, â~@~^neue Formen urbaner Offentlichkeiten und die
    Kunstszene Istanbuls" beleuchtete und die in den rasanten
    Entwicklungen der heimlichen turkischen Hauptstadt liegenden Chancen
    und Gefahren auslotete.

    Die Bevölkerung von Istanbul ist seit den Funfzigerjahren von einer
    auf geschätzte zwölf bis 15 Millionen explodiert. Die anhaltende
    Landflucht bedeutete nicht zuletzt eine Provinzialisierung der
    traditionell offenen Gesellschaft, eine Entwicklung der Metropole zum
    Moloch . Seitdem lernt die Stadt mit konkurrierenden
    Identitätskonzepten umzugehen, die ihre historischen
    Tiefendimensionen zwischen Asien und Europa, Byzanz, Osmanischem
    Reich und Republik neu ins Bewusstsein gebracht haben.

    Der Turkei bietet sich heute nicht mehr allein der kemalistische
    Nationalismus, sondern auch der osmanische Kosmopolitismus und der
    politische Islam als Leitidee. Der Historiker Ilber Ortayli
    bezeichnete den Nationalismus als â~@~^europäische Krankheit",
    die eine â~@~^bluhende Kultur hervorgebracht" habe, â~@~^die man
    19. Jahrhundert nennt." Die traditionelle, heute oft nostalgisch
    verklärte Istanbuler Multikulturalität, als unter osmanischer
    Herrschaft Griechen, Juden und Armenier das Stadtbild prägten, gilt
    vielen heute als Gegenmodell zu den Homogenisierungen des
    republikanischen Nationalismus. Die Kernfrage lautet, wie sich die
    auf dem turkischen Nationalismus fuÃ~_ende Republik Turkei mit den
    kosmopolitischen Traditionen versöhnen kann, während gleichzeitig
    der Islamismus das Paradigma der ethnisch homogenen Gesellschaft
    durch das nicht weniger rigide Paradigma einer religiös homogenen
    Gesellschaft ersetzen will.

    Anzeichen fur eine Ruckkehr zur kulturellen Vielfalt und zum
    Pluralismus lassen sich am Bosporus vor allem seit den
    Neunzigerjahren ausmachen. Dabei sind es uberraschenderweise nicht
    zuletzt die islamistischen Bewegungen und Strömungen, die ein
    Aufbrechen bewirkt haben. Wenn es heute neben der streng-säkularen
    kemalistischen eine sich auf den Islam berufende Elite gibt, ist das
    nicht zuletzt eine kulturelle Bereicherung. Ob die neue Vielfalt als
    bedrohliche Instabilität oder als lebendiger Ausdruck der offenen
    Gesellschaft verstanden wird, liegt letztlich im Auge des
    Betrachters. Wo, mit anderen Worten, die Parallelgesellschaft
    anfängt und die gesellschaftliche Freiheit aufhört, ist eine Frage,
    die weder in der Turkei noch bei uns zu Ende diskutiert worden ist
    - auch nicht an diesem Wochenende.

    --Boundary_(ID_38djv+/Q+9xVxemRhDrtuQ)--
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