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Die Opfer des Genozids

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    Die Opfer des Genozids

    Frankfurter Allgemeine Zeitung
    20. April 2006

    Zur Rezension des Buches von Guenter Lewy uber den Genozid an den
    Armeniern (F.A.Z., "Politische Bucher" vom 23. Marz) durch Professor
    Eberhard Jackel: Das Osmanische Reich geriet nicht erst nach den
    Balkankriegen (1912 bis 1913) in eine Existenzkrise. Diese Krise trat
    nach dem Scheitern der zweiten Belagerung Wiens (1683) und der
    anschließenden Zuruckdrangung der Turken aus Europa in Richtung
    Sudosten auf. Sultan Abdul Hamid II. (1876 - 1909) meinte zunachst,
    die Krise durch die Turkisierung der ethnisch nicht definierten
    islamischen "umma" zu uberwinden. Der Versuch scheiterte vor allem am
    Widerstand der Araber. Abdul Hamid II. organisierte dann 1894 bis
    1896 die ersten Massaker von Christen im Osmanischen Reich. Die
    Jungturken strebten den Aufbau einer "turkischen Nation" nach
    europaischen Vorbildern an und verubten daher Genozid an allen
    christlichen Minderheiten Kleinasiens. Opfer dieses Genozids waren
    nicht nur die Armenier, sondern auch Griechen, Syrochaldaer und
    Aramaer.

    In der Nicht-Deportation der Armenier aus Konstantinopel 1915 ein
    Indiz zu sehen, daß kein Genozid gegen sie stattgefunden hat, setzt
    eine arge Unkenntnis der Geschichte des Osmanischen Reiches voraus.

    Die Christen in Konstantinopel konnten allein wegen der dortigen
    Anwesenheit der diplomatischen Vertretungen der europaischen Machte
    nicht eliminiert werden. Der Bau der Bagdadbahn begann 1903 und war
    1915 weit nach Osten, bis kurz vor der heutigen turkisch-syrischen
    Grenze, fortgeschritten.

    Die primaren Quellen uber den Genozid an den Armeniern und den
    Christen Kleinasiens stammen aus den Federn europaischer - zumal
    deutscher - und amerikanischer Diplomaten im Osmanischen Reich, die
    ihn erlebt hatten. Dazu gehort auch Otto Liman von Sanders Pascha.

    Schade fur sie, daß sie nicht einen Herrn Lewy bei sich hatten, um
    ihnen zu erklaren, was sie sahen. Schade auch fur die Richter des
    Schwurgerichts des Landgerichts zu Berlin, die von Lewy nicht
    erleuchtet werden konnten und deshalb den armenischen Studenten
    Salomon Teilirian freisprachen, nachdem er den Schlachter der
    Christen Kleinasiens, Talaat Pascha, in Berlin erschossen hatte.

    Schade aber auch, daß Rezensent Jackel kein Wort uber die Diskussion
    in den Vereinigten Staaten bezuglich der Rolle der auch in
    Deutschland sehr wohl bekannten amerikanischen Agentur Hill und
    Knowlton verloren hat, die seit 1989 von der turkischen Regierung
    beauftragt ist, die turkischen Interessen in Amerika publizistisch zu
    fordern. In dieser Sache arbeitet Hill und Knowlton, bei Einsatz von
    erheblichen Geldmitteln, in den amerikanischen Universitaten.

    Dr. Gregor M. Manousakis,

    Kropia, Griechenland

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