| www.dw-world.de | © Deutsche Welle.
Armenien stellt das Leugnen des Genozids unter Strafe
http://www.dw-world.de/dw/article/0,2144,2 263668,00.html
(Photo)Mahnmal in Jerewan zum Gedenken an den Völkermord
In Frankreich und jetzt auch in Armenien ist das Leugnen des Genozids
strafbar, auch Historiker sprechen vom "ersten Völkermord des 20.
Jahrhunderts". Die Türkei sagt, es habe "nur" Vertreibungen und Gewalttaten
gegeben.
Das armenische Parlament hat am 6. Dezember ein Paket von Änderungen und
Ergänzungen zum Strafgesetzbuch des Landes verabschiedet. Von nun an gelten
in Armenien die Rechtfertigung, Billigung und Verharmlosung oder das Leugnen
des Genozids an den Armeniern als Straftat. Für das Leugnen des Völkermordes
ist wie bei der Propagierung rassistischer Diskriminierung entweder eine
Geldstrafe zwischen umgerechnet 300 bis 850 Dollar oder eine Freiheitsstrafe
von bis zu vier Jahren vorgesehen.
Unterschied zum französischen Gesetz
Fast zwei Monate haben die armenischen Abgeordneten gebraucht, um dem
Beispiel der Nationalversammlung Frankreichs zu folgen und ein Gesetz zu
verabschieden, das für das Leugnen des Völkermords an den Armeniern eine
Strafe vorsieht. Aber im Unterschied zum französischen Gesetz, in dem klar
und deutlich vom Genozid an den Armeniern gesprochen wird, wird in dem
armenischen Strafgesetzbuch lediglich der Begriff "Genozid" verwendet. Nach
Ansicht von Beobachtern vor Ort ist das vor allem darauf zurückzuführen,
dass in Armenien ganz klar die Meinung herrscht, dass alles, was sich auf
den Genozid an den Armeniern beziehe, so klar und deutlich sei, dass keine
weitere gesetzliche Ausgestaltung notwendig sei.
Erinnerung allgegenwärtig
Der Leiter des Kaukasischen Medieninstituts, der Politologe Aleksandr
Iskandrjan, sagte im Gespräch mit der Deutschen Welle, hier sei nichts offen
gelassen worden. Es sei nur so, dass, wenn in Armenien über Völkermord
gesprochen werde, damit in erster Linie immer der Genozid an den Armeniern
im Osmanischen Reich gemeint sei, als 1915 auf Befehl der osmanischen
Führung zwischen 600.000 und 1,5 Millionen Armenier getötet wurden und
Hunderttausende aus Westarmenien deportiert wurden. Iskandrjan betonte, in
Armenien würde niemandem in den Sinn kommen, den Völkermord in Frage zu
stellen - so wie in Israel niemand den Holocaust leugnen würde.
Keine Furcht vor den Türken mehr
Warum wurden in Armenien Gesetzesinitiativen zu diesem Thema so lange
gebremst oder gar verhindert? Experten vor Ort meinen, es hätten sich immer
wieder Kräfte gefunden, die ernsthaft befürchteten, dass die Verabschiedung
entsprechender Gesetze die Türken beleidigen oder verärgern könnte. Aber
inzwischen hätten sich diese Befürchtungen gelegt - ausgerechnet jetzt, wo
die Türkei offensichtlich nicht daran denke, den Forderungen der EU
nachzukommen und zum Beispiel die Grenze zu Armenien zu öffnen. Außerdem
werde das armenische Angebot an die Türkei zur Zusammenarbeit - und zwar
ohne vorherige Bedingungen - ignoriert.
Die Türkei und Armenien sind zwar Nachbarstaaten, aber sie unterhalten keine
diplomatischen Beziehungen; die gemeinsame Grenze ist geschlossen.
Hauptgrund ist der Vorwurf, das Osmanische Reich als Vorläuferin der
modernen Türkei habe im Ersten Weltkrieg einen Völkermord an den
anatolischen Armeniern begangen. Mittlerweile haben 24 Staaten den Genozid
offiziell anerkannt, darunter Frankreich, Italien und die Niederlande. 1985
erschien der Begriff "Armenian genocide" in einem offiziellen Papier der
UNO. Die Türkei weist den Genozid-Vorwurf strikt zurück.
Aschot Gasasjan, Jerewan
DW-RADIO/Russisch, 6.12.2006, Fokus Ost-Südost
From: Emil Lazarian | Ararat NewsPress
Armenien stellt das Leugnen des Genozids unter Strafe
http://www.dw-world.de/dw/article/0,2144,2 263668,00.html
(Photo)Mahnmal in Jerewan zum Gedenken an den Völkermord
In Frankreich und jetzt auch in Armenien ist das Leugnen des Genozids
strafbar, auch Historiker sprechen vom "ersten Völkermord des 20.
Jahrhunderts". Die Türkei sagt, es habe "nur" Vertreibungen und Gewalttaten
gegeben.
Das armenische Parlament hat am 6. Dezember ein Paket von Änderungen und
Ergänzungen zum Strafgesetzbuch des Landes verabschiedet. Von nun an gelten
in Armenien die Rechtfertigung, Billigung und Verharmlosung oder das Leugnen
des Genozids an den Armeniern als Straftat. Für das Leugnen des Völkermordes
ist wie bei der Propagierung rassistischer Diskriminierung entweder eine
Geldstrafe zwischen umgerechnet 300 bis 850 Dollar oder eine Freiheitsstrafe
von bis zu vier Jahren vorgesehen.
Unterschied zum französischen Gesetz
Fast zwei Monate haben die armenischen Abgeordneten gebraucht, um dem
Beispiel der Nationalversammlung Frankreichs zu folgen und ein Gesetz zu
verabschieden, das für das Leugnen des Völkermords an den Armeniern eine
Strafe vorsieht. Aber im Unterschied zum französischen Gesetz, in dem klar
und deutlich vom Genozid an den Armeniern gesprochen wird, wird in dem
armenischen Strafgesetzbuch lediglich der Begriff "Genozid" verwendet. Nach
Ansicht von Beobachtern vor Ort ist das vor allem darauf zurückzuführen,
dass in Armenien ganz klar die Meinung herrscht, dass alles, was sich auf
den Genozid an den Armeniern beziehe, so klar und deutlich sei, dass keine
weitere gesetzliche Ausgestaltung notwendig sei.
Erinnerung allgegenwärtig
Der Leiter des Kaukasischen Medieninstituts, der Politologe Aleksandr
Iskandrjan, sagte im Gespräch mit der Deutschen Welle, hier sei nichts offen
gelassen worden. Es sei nur so, dass, wenn in Armenien über Völkermord
gesprochen werde, damit in erster Linie immer der Genozid an den Armeniern
im Osmanischen Reich gemeint sei, als 1915 auf Befehl der osmanischen
Führung zwischen 600.000 und 1,5 Millionen Armenier getötet wurden und
Hunderttausende aus Westarmenien deportiert wurden. Iskandrjan betonte, in
Armenien würde niemandem in den Sinn kommen, den Völkermord in Frage zu
stellen - so wie in Israel niemand den Holocaust leugnen würde.
Keine Furcht vor den Türken mehr
Warum wurden in Armenien Gesetzesinitiativen zu diesem Thema so lange
gebremst oder gar verhindert? Experten vor Ort meinen, es hätten sich immer
wieder Kräfte gefunden, die ernsthaft befürchteten, dass die Verabschiedung
entsprechender Gesetze die Türken beleidigen oder verärgern könnte. Aber
inzwischen hätten sich diese Befürchtungen gelegt - ausgerechnet jetzt, wo
die Türkei offensichtlich nicht daran denke, den Forderungen der EU
nachzukommen und zum Beispiel die Grenze zu Armenien zu öffnen. Außerdem
werde das armenische Angebot an die Türkei zur Zusammenarbeit - und zwar
ohne vorherige Bedingungen - ignoriert.
Die Türkei und Armenien sind zwar Nachbarstaaten, aber sie unterhalten keine
diplomatischen Beziehungen; die gemeinsame Grenze ist geschlossen.
Hauptgrund ist der Vorwurf, das Osmanische Reich als Vorläuferin der
modernen Türkei habe im Ersten Weltkrieg einen Völkermord an den
anatolischen Armeniern begangen. Mittlerweile haben 24 Staaten den Genozid
offiziell anerkannt, darunter Frankreich, Italien und die Niederlande. 1985
erschien der Begriff "Armenian genocide" in einem offiziellen Papier der
UNO. Die Türkei weist den Genozid-Vorwurf strikt zurück.
Aschot Gasasjan, Jerewan
DW-RADIO/Russisch, 6.12.2006, Fokus Ost-Südost
From: Emil Lazarian | Ararat NewsPress