Pleite fur Demo zu Armenier-Volkermord
Die TagesZeitung
http://www.taz.de/pt/2006/03/18/a0110 .1/text
Vor einem Protestmarsch gegen die Verurteilung des Volkermords an
Armeniern seilen sich immer mehr Turken ab BERLIN taz "Nimm deine
Fahne, komm nach Berlin" - mit diesem Schlachtruf fordert die turkische
Bewegung "Großes Projekt 2006 - Die Luge zum Volkermord an Armeniern"
dazu auf, Schluss zu machen mit der "armenischen Genozid-Luge"
und "die Periode der Demut" zu beenden. Doch nun nehmen immer mehr
Organisatoren Abstand zu der Veranstaltung.
1915/1916 ermordeten turkische Soldaten bis zu eine Millionen
Armenier. Bis heute erkennt die Turkei die Tat nicht als Volkermord
an. "Großes Projekt 2006" will am Samstag gegen die internationale
Verurteilung des Massakers protestieren und zugleich an den Tod Talat
Paschas vor 85 Jahren erinnern.
Er gehorte als turkischer Innenminister zu den Organisatoren des
Massakers und wurde 1921 von einem Armenier in Berlin erschossen.
Die Turkische Gemeinde zu Berlin, die die Demonstration ursprunglich
beantragt hatte, distanzierte sich jetzt von der Veranstaltung. Obwohl
Celal Altun, Generalsekretar der Gemeinde, viele Ansichten der
Organisatoren teilt. "Der Vorwurf des Volkermordes wird von der
armenischen Diaspora in die Welt gesetzt, um Propaganda gegen die
Turkei zu machen", sagt Altun. Der angebliche Genozid sei bis heute
nicht bewiesen. "Wir wollen keine ideologische Diskussion, sondern
eine sachliche Auseinandersetzung."
Zu den Organisatoren gehort neben dem "Verband der Vereine zur
Forderung der Ideen Ataturks" auch die nationalistische turkische
Arbeiterpartei. Deren Vorsitzender drohte den Europaern, sie sollten
aufhoren, die Turkei des Genozids zu bezichtigen, "wenn sie nicht
wollen, dass ihre Stadte in Flammen stehen".
Wegen dieser Hetze seilten sich nach und nach weitere Vereine
ab. Mahmut Askar von der Union der Turkisch-Islamischen Kulturvereine
in Europa (Atib), wird ebenfalls nicht mitmarschieren. "Wir befurchten,
dass die Veranstaltung instrumentalisiert wird", sagt er. Denn die
turkischen Nationalisten fordern, dass die Turkei nicht mehr des
Volkermords an den Armeniern bezichtigt wird.
Der Atib sind eigenen Angaben zufolge uber 120 Vereine
angeschlossen. Der Dachverband ist wegen seines turkischen
Nationalismus bekannt, daher ist es umso verwunderlicher, dass er
sich von der Demonstration lossagt. "Wir wissen, dass es damals zu
menschlichen Verlusten kam", sagt Askar. "Aber auch auf turkischer
Seite gab es Tote."
Die Forderung nach der Rucknahme einer Bundestags-Resolution
unterstutzt Askar. Im letzten Jahr hatte der Bundestag die Turkei
zum offenen Dialog uber die Massaker an den Armeniern aufgefordert.
Dem von der Berliner Polizei geforderten Verbot der Demonstration gab
gestern das Oberverwaltungsgericht Berlin nicht statt. Allerdings
durfen die Nationalisten nur mit Einschrankungen demonstrieren:
Weder auf Transparenten oder anderen Wort- oder Schriftbeitragen
durfen sie den Volkermord an den Armeniern eine Luge nennen.
CIGDEM AKYOL taz Nr. 7925 vom 18.3.2006, Seite 6, 98 TAZ-Bericht
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Armeniern seilen sich immer mehr Turken ab BERLIN taz "Nimm deine
Fahne, komm nach Berlin" - mit diesem Schlachtruf fordert die turkische
Bewegung "Großes Projekt 2006 - Die Luge zum Volkermord an Armeniern"
dazu auf, Schluss zu machen mit der "armenischen Genozid-Luge"
und "die Periode der Demut" zu beenden. Doch nun nehmen immer mehr
Organisatoren Abstand zu der Veranstaltung.
1915/1916 ermordeten turkische Soldaten bis zu eine Millionen
Armenier. Bis heute erkennt die Turkei die Tat nicht als Volkermord
an. "Großes Projekt 2006" will am Samstag gegen die internationale
Verurteilung des Massakers protestieren und zugleich an den Tod Talat
Paschas vor 85 Jahren erinnern.
Er gehorte als turkischer Innenminister zu den Organisatoren des
Massakers und wurde 1921 von einem Armenier in Berlin erschossen.
Die Turkische Gemeinde zu Berlin, die die Demonstration ursprunglich
beantragt hatte, distanzierte sich jetzt von der Veranstaltung. Obwohl
Celal Altun, Generalsekretar der Gemeinde, viele Ansichten der
Organisatoren teilt. "Der Vorwurf des Volkermordes wird von der
armenischen Diaspora in die Welt gesetzt, um Propaganda gegen die
Turkei zu machen", sagt Altun. Der angebliche Genozid sei bis heute
nicht bewiesen. "Wir wollen keine ideologische Diskussion, sondern
eine sachliche Auseinandersetzung."
Zu den Organisatoren gehort neben dem "Verband der Vereine zur
Forderung der Ideen Ataturks" auch die nationalistische turkische
Arbeiterpartei. Deren Vorsitzender drohte den Europaern, sie sollten
aufhoren, die Turkei des Genozids zu bezichtigen, "wenn sie nicht
wollen, dass ihre Stadte in Flammen stehen".
Wegen dieser Hetze seilten sich nach und nach weitere Vereine
ab. Mahmut Askar von der Union der Turkisch-Islamischen Kulturvereine
in Europa (Atib), wird ebenfalls nicht mitmarschieren. "Wir befurchten,
dass die Veranstaltung instrumentalisiert wird", sagt er. Denn die
turkischen Nationalisten fordern, dass die Turkei nicht mehr des
Volkermords an den Armeniern bezichtigt wird.
Der Atib sind eigenen Angaben zufolge uber 120 Vereine
angeschlossen. Der Dachverband ist wegen seines turkischen
Nationalismus bekannt, daher ist es umso verwunderlicher, dass er
sich von der Demonstration lossagt. "Wir wissen, dass es damals zu
menschlichen Verlusten kam", sagt Askar. "Aber auch auf turkischer
Seite gab es Tote."
Die Forderung nach der Rucknahme einer Bundestags-Resolution
unterstutzt Askar. Im letzten Jahr hatte der Bundestag die Turkei
zum offenen Dialog uber die Massaker an den Armeniern aufgefordert.
Dem von der Berliner Polizei geforderten Verbot der Demonstration gab
gestern das Oberverwaltungsgericht Berlin nicht statt. Allerdings
durfen die Nationalisten nur mit Einschrankungen demonstrieren:
Weder auf Transparenten oder anderen Wort- oder Schriftbeitragen
durfen sie den Volkermord an den Armeniern eine Luge nennen.
CIGDEM AKYOL taz Nr. 7925 vom 18.3.2006, Seite 6, 98 TAZ-Bericht
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