TURKEN UND ARMENIER
Dietrich Alexander
Welt am Sonntag
15. Oktober 2006
Die Nachricht: Die franzosische Nationalversammlung hat die Leugnung
des Volkermords an den Armeniern im Jahr 1915 unter Strafe gestellt.
Zugleich erhielt der turkische Autor Orhan Pamuk den
Literaturnobelpreis. Der 54-Jahrige ist in seiner Heimat wegen seines
Einsatzes fur die Meinungsfreiheit und seiner Aussagen zu Kurden und
Armeniern umstritten.
Der KommentaR: Eine schlechte Woche fur die turkischen
Nationalisten, die vom Strafgesetzparagrafen 301 nicht lassen
wollen, der "Diffamierung des Turkentums" unter Strafe stellt. Was
alles so darunter subsumiert wird, ist abenteuerlich und eines
EU-Beitritts-aspiranten unwurdig. Selbst Orhan Pamuk, der mit
seinen Werken "Die weiße Festung", "Rot ist mein Name" und "Schnee"
internationale Bekanntheit erlangte, stand wegen dieses "Delikts"
vor Gericht. Dass das Nobelpreiskomitee ihm den Preis zuerkannte,
ist mutig und außergewohnlich politisch. Der Muslim und Sakularist ist
kein "Landesverrater", wie ihn nationalistische Kreise in der Turkei
zeihen. Er entwirft ein literarisch anspruchsvolles Bild seiner Heimat,
das schmerzhaft und ehrlich ist. Die Turkei sollte stolz auf ihn sein.
Und sie sollte sich als Rechtsnachfolgerin des Osmanischen Reiches
offen ihrer Vergangenheit stellen, auch wenn sie schmerzhaft ist
wie die Wahrheiten in Pamuks Buchern. Es ist jedoch zweifelhaft, ob
sie sich von außen dazu drangen lasst. Insofern ist die Entscheidung
(eines Funftels) der Pariser Nationalversammlung kontraproduktiv und
vor allem fur die Armenier wenig hilfreich.
--Boundary_(ID_Anp78KcnUqtzdZTNJAfUAA) --
Dietrich Alexander
Welt am Sonntag
15. Oktober 2006
Die Nachricht: Die franzosische Nationalversammlung hat die Leugnung
des Volkermords an den Armeniern im Jahr 1915 unter Strafe gestellt.
Zugleich erhielt der turkische Autor Orhan Pamuk den
Literaturnobelpreis. Der 54-Jahrige ist in seiner Heimat wegen seines
Einsatzes fur die Meinungsfreiheit und seiner Aussagen zu Kurden und
Armeniern umstritten.
Der KommentaR: Eine schlechte Woche fur die turkischen
Nationalisten, die vom Strafgesetzparagrafen 301 nicht lassen
wollen, der "Diffamierung des Turkentums" unter Strafe stellt. Was
alles so darunter subsumiert wird, ist abenteuerlich und eines
EU-Beitritts-aspiranten unwurdig. Selbst Orhan Pamuk, der mit
seinen Werken "Die weiße Festung", "Rot ist mein Name" und "Schnee"
internationale Bekanntheit erlangte, stand wegen dieses "Delikts"
vor Gericht. Dass das Nobelpreiskomitee ihm den Preis zuerkannte,
ist mutig und außergewohnlich politisch. Der Muslim und Sakularist ist
kein "Landesverrater", wie ihn nationalistische Kreise in der Turkei
zeihen. Er entwirft ein literarisch anspruchsvolles Bild seiner Heimat,
das schmerzhaft und ehrlich ist. Die Turkei sollte stolz auf ihn sein.
Und sie sollte sich als Rechtsnachfolgerin des Osmanischen Reiches
offen ihrer Vergangenheit stellen, auch wenn sie schmerzhaft ist
wie die Wahrheiten in Pamuks Buchern. Es ist jedoch zweifelhaft, ob
sie sich von außen dazu drangen lasst. Insofern ist die Entscheidung
(eines Funftels) der Pariser Nationalversammlung kontraproduktiv und
vor allem fur die Armenier wenig hilfreich.
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