Announcement

Collapse
No announcement yet.

Turkei Verurteilt Franzosischen Armenier-Beschluss / Gul: Schlag Geg

Collapse
X
 
  • Filter
  • Time
  • Show
Clear All
new posts

  • Turkei Verurteilt Franzosischen Armenier-Beschluss / Gul: Schlag Geg

    TURKEI VERURTEILT FRANZOSISCHEN ARMENIER-BESCHLUSS / GUL: SCHLAG GEGEN WERTE DER EU
    Von Gerd Hohler

    Frankfurter Rundschau
    19. Oktober 2006

    Retourkutschen

    Kamran Inan, ehemaliger Minister und langjahriger Vorsitzender des
    außenpolitischen Ausschusses in der turkischen Nationalversammlung,
    will den Legion d'honneur nicht langer tragen. Der 77-jahrige
    Polit-Veteran steckte den Orden, der ihm einst von Prasident Francois
    Mitterand uberreicht worden war, jetzt in einen Briefumschlag und
    sandte ihn an die franzosische Botschaft zuruck. "Nach der feindseligen
    Entscheidung des franzosischen Parlaments gegen mein Land kann ich
    die Auszeichnung nicht behalten", schrieb Inan.

    In der franzosischen Botschaft am Paris Caddesi in Ankaras
    Diplomatenviertel Kavaklidere sind schon mehrere solcher Umschlage
    eingegangen. Gerade viele frankophile Turken fuhlen sich tief
    getroffen von der umstrittenen Armenier-Entscheidung der franzosischen
    Nationalversammlung. Sie verabschiedete vor einer Woche ein Gesetz,
    das es unter Strafe stellt, den Volkermord an den Armeniern im
    Osmanischen Reich zu leugnen. Ob das Gesetz jemals in Kraft tritt,
    ist einstweilen ungewiss. Aber schon die Billigung des Entwurfs in
    der Nationalversammlung habe "tiefe Wunden" im turkisch-franzosischen
    Verhaltnis hinterlassen, klagte Außenminister Abdullah Gul jetzt im
    turkischen Parlament, das den franzosischen Volkermord-Gesetzentwurf
    verurteilte: Mit der Zustimmung werde den politischen, wirtschaftlichen
    und militarischen Beziehungen beider Lander "irreparabler Schaden"
    zugefugt.

    Die Entscheidung der Nationalversammlung, so dozierte Vize-Premier
    Gul, sei "ein Schlag gegen die Werte der EU". Die Franzosen stunden
    "an einem historischen Scheideweg": Entweder werde es "das Land
    Voltaires und Montesquieus, oder es folgt einer kolonialistischen
    Tradition". Die Vorhaltungen des turkischen Außenministers gipfelten
    in der dusteren Prophezeiung, Frankreich verwandele sich in "ein Land,
    wo Leute im Gefangnis landen, weil sie Meinungen außern" - ein Vorwurf,
    mit dem sich bisher die Turkei konfrontiert sah.

    Umso genusslicher drehen viele turkische Politiker nun den Spieß um.

    "Wenn die uns weh tun, dann sollten wir ihnen auch weh tun", fordert
    Sukru Elekdag, Abgeordneter der kemalistischen Opposition. Ihm reichen
    keine Boykottaufrufe gegen franzosische Waren. Bußen sollen die,
    die er fur die eigentlich Schuldigen halt: Jene 70 000 Armenier,
    die bisher als illegal Eingewanderte in der Turkei geduldet wurden,
    will Elekdag deportieren lassen. Eine Forderung, der sich bereits
    ein namhafter Regierungspolitiker, der fruhere Außenminister und
    derzeitige Vorsitzende des EU-Ausschusses im turkischen Parlament,
    Yasar Yakis, angeschlossen hat.

    Trotz der aufgeregten Debatte legt sich der Sturm bereits. Mit
    Wirtschaftssanktionen wird die Turkei wohl warten, bis das Gesetz in
    Kraft getreten ist - falls es dazu kommt. Die franzosische Regierung
    will es im Senat stoppen. Auch Ankara kann nicht daran gelegen sein,
    den Konflikt auf die Spitze zu treiben. Ohnehin befindet man sich
    in schwierigen Verhandlungen um die Beilegung des Zypernstreits,
    der die EU-Beitrittsverhandlungen gefahrdet. Da braucht man keinen
    neuen Kriegsschauplatz.

    --Boundary_(ID_ZyY+bTB4crZMHDjJ hsxtvA)--
Working...
X