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Die Germanen in den Sumpf treiben

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  • Die Germanen in den Sumpf treiben

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    Frankfurter Allgemeine
    FAZ.NET
    18 Dezember 2008

    R?Ã?¶misches Schlachtfeld entdeckt
    Die Germanen in den Sumpf treiben
    Von Ralf-Peter M?Ã?¤rtin

    Caption: Zwei rund 1800 Jahre alte Fundst?Ã?¼cke

    17. Dezember 2008 Dass die R?Ã?¶mer im dritten Jahrhundert gegen die
    Germanen k?Ã?¤mpften, ist keine Sensation - dass man eines dieser
    Schlachtfelder gefunden hat, schon. Noch ist das Fundmaterial f?Ã?¼r eine
    ?Schlacht` vergleichsweise mager, stehen die Ausgrabungen erst am
    Anfang, aber so viel ist klar: In der Gemarkung Oldenrode bei Kalefeld
    im Landkreis Northeim haben sich R?Ã?¶mer und Germanen ein erbittertes
    Gefecht geliefert. Ein offenbar von Nord nach S?Ã?¼d marschierender
    r?Ã?¶mischer Verband geriet am sogenannten Harzhorn, einem von Ost nach
    West ziehenden H?Ã?¶henr?Ã?¼cken, in einen germanischen Hinterhalt und musste
    sich darauf den Weg freik?Ã?¤mpfen.

    Wie er das tat, beweist, dass es sich wirklich um r?Ã?¶mische Truppen
    handelte. Denn die geborgenen St?Ã?¼cke sind Geschosspfeile und
    Katapultbolzen, wie sie nur von der imperialen Feldartillerie
    verschossen wurden, beispielsweise vom Typ Scorpio, einem
    Torsionsgesch?Ã?¼tz. Es war leicht transportierbar, einfach zu bedienen und
    durchschlug auf mehrere hundert Meter jeden Schild und jede R?Ã?¼stung. Im
    Gel?Ã?¤nde haben die Arch?Ã?¤ologen mit auf St?Ã?¶cken aufgesteckten Tennisb?Ã?¤llen
    markiert, wo die Salven einschlugen. Unterst?Ã?¼tzt wurde der Angriff von
    orientalischen Bogensch?Ã?¼tzen. Ihre charakteristischen dreikantigen
    Pfeile fanden sich ebenfalls. Dem Beschuss mit Fernwaffen folgte ein
    Infanterieangriff. Ihn gegen den von Germanen besetzten Hang vorzutragen
    war sicherlich Schwerstarbeit. Seine Sto?Ã?richtung bis hinauf auf die
    Kammh?Ã?¶he l?Ã?¤sst sich an den verlorenen Eisenn?Ã?¤geln der Sandalen
    verfolgen, der klassischen Fu?Ã?bekleidung der Legion?Ã?¤re.

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    Kein Hinweis auf den germanischen Gegner

    Mit aller Vorsicht sch?Ã?¤tzt die Kreisarch?Ã?¤ologin Petra L?Ã?¶nne die St?Ã?¤rke
    der R?Ã?¶mer auf eine Abteilung von vielleicht tausend Mann. Sie f?Ã?¼hrte
    auch einen Tross mit sich. Ein sch?Ã?¶n gearbeitetes St?Ã?¼ck einer
    Wagenaufh?Ã?¤ngung, Radnaben, eine Pionieraxt und ein Zelthering belegen
    es, dazu auch ein eiserner Pferdeschuh, eine Steighilfe, die man f?Ã?¼r
    Transportmaultiere in schwerem Gel?Ã?¤nde einsetzte, da Hufeisen noch nicht
    in Gebrauch waren.

    *
    Die R?Ã?¶mer siegten. Jene verr?Ã?¤terischen Kleinteile, die beim Fleddern der
    Toten von R?Ã?¼stungen, Helmen und Kleidung abrei?Ã?en und die zu Hunderten
    auf dem wahrscheinlichen Varusschlachtfeld von Kalkriese geborgen
    wurden, fehlen. Bislang gibt es au?Ã?er ein paar Speerspitzen keine
    Hinweise auf die germanischen Gegner. Ebenfalls zu kl?Ã?¤ren bleibt, warum
    die an Metall immer interessierten Stammeskrieger die r?Ã?¶mischen
    Geschosse liegen lie?Ã?en. Vielleicht, vermutet der Arch?Ã?¤ologe Achim Rost,
    weil sie sich zu tief in den Boden eingebohrt hatten.

    Entlang einer klassischen Route

    Wann hat sich das Gefecht abgespielt? Der einzigen gefundenen M?Ã?¼nze mit
    dem Portr?Ã?¤t des Kaisers Commodus (180-192) - die ja nicht unbedingt mit
    dem Kamp im Zusammenhang stehen muss - springt eine
    Schwertscheidenverzierung zur Seite, deren Ornamentik sich eindeutig der
    ersten H?Ã?¤lfte des zweiten Jahrhunderts zuordnen l?Ã?¤sst. Endg?Ã?¼ltige
    Best?Ã?¤tigung dieser Zeitstellung lieferte eine C14-Datierung aus den
    Holzresten eines Gesch?Ã?¼tzpfeils.

    Der Schlachtplatz aus der Vogelperspektive: der H?Ã?¶henzug ?Ã?¼ber dem
    Nettetal


    M?Ã?¼ssen wir uns dar?Ã?¼ber wundern, so weit vom Rhein r?Ã?¶mische Truppen
    anzutreffen? Die von den R?Ã?¶mern begangene Route kann man regelrecht
    ?klassisch` nennen. Es ist die Vormarschstra?Ã?e aus der Zeit der
    Germanenkriege des Drusus und des Tiberius um Christi Geburt. Von Mainz
    f?Ã?¼hrte sie durch die Wetterau ?Ã?¼ber das in j?Ã?¼ngster Zeit gefundene Lager
    von Hedem?Ã?¼nden an der Werra am Westrand des Harzes entlang zur Elbe.

    Wider die Legende

    Es ist ein weitverbreiteter Irrtum, anzunehmen, Rom habe sich nach der
    Niederlage in der Varusschlacht, die im Jahre neun nach Christus drei
    r?Ã?¶mische Legionen vernichtete, f?Ã?¼r immer aus Germanien zur?Ã?¼ckgezogen. Im
    Gegenteil: Ab der zweiten H?Ã?¤lfte des ersten Jahrhunderts schob das
    Imperium sukzessive seine Grenze ?Ã?¼ber den Rhein und den Oberlauf der
    Donau vor, eroberte die fruchtbaren Landschaften des Neuwieder Beckens,
    der Wetterau, der Oberrheinischen Tiefebene, des Main- und Neckartals
    und errichtete um 120 nach Christus die 550 Kilometer lange, von
    Palisaden und Mauern gesicherte Kontrollzone des
    obergermanisch-r?Ã?¤tischen Limes.

    Die Fundorte sind mit Tennisb?Ã?¤llen markiert


    Zu allen Zeiten beruhte die Sicherung der endlosen Fluss- und
    Landgrenzen auf der Beherrschung des Vorfeldes. Mit sch?Ã?¶ner
    Selbstverst?Ã?¤ndli chkeit nahm Rom sich das Recht, in der Tiefe des
    germanischen Raums zu operieren und nach dem Prinzip
    Vorw?Ã?¤rtsverteidigung drohende Gefahren abzuwenden. Dies wurde auch
    beibehalten, als es zu Beginn des dritten Jahrhunderts zu Gro?Ã?angriffen
    der Alamannen, kam, die 211 und 233 auf breiter Front den Limes
    durchbrachen.

    Ein weites Feld f?Ã?¼r Arch?Ã?¤ologen

    Die Feldz?Ã?¼ge der Kaiser Caracalla (211 bis 217) und Maximinus Thrax (235
    bis 238) stie?Ã?en aus dem Limesgebiet weit in die germanischen
    Kerngebiete vor. Von Letzterem berichten unsere Hauptquellen, Herodian
    und die auf ihm basierende ?Historia Augusta`, er sei mit einem Heer, in
    dem vor allem orientalische Kontingente, syrische und armenische
    Bogensch?Ã?¼tzen, eine gro?Ã?e Rolle spielten, gegen die Germanen gezogen,
    habe sie in die S?Ã?¼mpfe getrieben und dort einen gro?Ã?en Sieg errungen.
    Fixiert auf die in S?Ã?¼ddeutschland siedelnden Alamannen, hat die
    Forschung den w?Ã?¼rttembergischen Raum als Ort der ?Schlacht im Moor`
    angenommen. Der Althistoriker Gustav Adolf Lehmann verweist hingegen
    darauf, dass auch eine andere Lesart der Quellen m?Ã?¶glich ist.
    Topographie und Entfernung k?Ã?¶nnten durchaus zum Harzvorland passen.

    Doch vor all diesen Vermutungen steht erst einmal der eigentliche Beginn
    der Ausgrabungen. Allein schon das Ausma?Ã? des Areals, eine Fl?Ã?¤che von
    1500 mal 500 Metern, wird die Arch?Ã?¤ologen auf Jahre besch?Ã?¤ftigen. Die
    Arbeit wird sich lohnen. Neben Kalkriese, bislang das einzige ergrabene
    antike Schlachtfeld weltweit, besitzt ausgerechnet das so weit von Rom
    entfernte Niedersachsen nun noch das zweite. Segen und Fluch zugleich.
    Denkt man an den viel zu mageren Forschungsetat vom Varusschlachtfeld,
    wird man sich wohl auch am Harzrand in Geduld fassen m?Ã?¼ssen. Zeichen der
    Hoffnung: Der Kultusminister pers?Ã?¶nlich war zur Besichtigung vor Ort.



    Text: F.A.Z.
    Bildmaterial: ddp, dpa
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