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Obamas heikle Mission bei den Turken [in German]

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  • Obamas heikle Mission bei den Turken [in German]

    06. April 2009, 10:08 Uhr

    STAATSBESUCH IN ANKARA


    Obamas heikle Mission bei den Türken

    http://www.spiegel.de/politik/a usland/0,1518,617565,00.html

    Von Gregor Peter Schmitz, Washington

    Schwieriger Abschluss einer Europareise: Bei seinem Trip nach Ankara und
    Istanbul muss Barack Obama viele Problemthemen anpacken - die
    Iran-Politik, den EU-Beitritt der Türkei, den Armenien-Genozid. Der
    US-Präsident ist zwar beliebt bei den Türken, das Ansehen seines Landes
    aber auf einem Tiefpunkt.

    Das Wei�e Haus plant Reisen des US-Präsidenten gerne bis ins letzte
    Detail: Eine sorgfältig aktualisierte Tabelle führt die Tagestermine des
    POTUS - President of the United States - minutengenau auf, mitsamt An-
    und Abreisezeiten. Auch eine Botschaft des Tages wird jeden Morgen
    verabredet, abgestimmt auf den jeweiligen Besuchsort. Für die laufende
    Europa-Visite war die Reihenfolge eigentlich klar festgelegt: Erst das
    G-20-Treffen in London, danach der Nato-Gipfel in Kehl und StraÃ?burg, am
    Wochenende die EU-US-Beratungen in Prag. Zum Abschluss am Montag und
    Dienstag die Stippvisite in der Türkei.

    Doch dann wurde die ganze schöne Planung plötzlich hinfällig: Die
    Regierung in Ankara versuchte auf dem Nato-Gipfel die Wahl des neuen
    Generalsekretärs Anders Fogh Rasmussen zu torpedieren. Denn der dänische
    Premier habe vor vier Jahren Anti-Islam-Karikaturen in einer Zeitung
    seines Landes nicht eindeutig genug verurteilt. Da die Berufung des
    neuen Generalsekretärs nur einstimmig getroffen werden kann, drohte im
    Bündnis just zum Jubiläum Stillstand. Erst Barack Obamas
    Telefondiplomatie - er rief den Regierungschef der Türkei, Recep Tayyip
    Erdogan, an - sorgte für eine Lösung: Rasmussen wurde doch noch gekürt,
    den Türken Gegenleistungen in Aussicht gestellt: angeblich ein
    Spitzenposten in der Allianz sowie die Zusage eines Verbotsverfahrens
    gegen den PKK-nahen dänischen TV-Sender Roj-TV.

    Der Widerstand der Türkei wirbelte Obamas Reisekommunikation also
    kräftig durcheinander. Doch dies dürfte dem Präsidenten eher
    entgegenkommen, wenn er an diesem Montag in Ankara und am Dienstag in
    Istanbul erwartet wird. Immerhin ist der US-Präsident teilweise auf die
    türkischen Bedenken gegen Rasmussen eingegangen - was seinen Gastgebern
    gefallen sollte. Deren Wohlwollen kann Obama brauchen. Denn die Türkei
    ist ein wichtiger strategischer Partner für die USA, weshalb bereits die
    Präsidenten Clinton und Bush die EU-Ambitionen Ankaras vehement
    unterstützten. Washington sieht das überwiegend muslimische, aber auch
    säkulare und demokratische Land als Modell für die islamische Welt an.

    Au�erdem ist die Türkei der Nato-Mitgliedstaat mit der zweitgrö�ten
    Armee. Allein in Afghanistan sind 1200 Soldaten stationiert. Der
    US-Luftwaffenstützpunkt Incirlik im Süden des Landes dient zudem als
    Nachschubstätte für Einsätze im Irak und in Afghanistan. Durch ihre Nähe
    zu den rohstoffreichen zentralasiatischen Staaten ist die Türkei auch
    zum wichtigen Nadelöhr für den Energienachschub avanciert. Und weil
    Ankara gute Beziehungen zu Iran unterhält, könnten die Türken bei einem
    diplomatischen Neuanfang zwischen Washington und Teheran helfen. Die
    türkische Regierung unterstützte bereits die Organisation von Gesprächen
    zwischen pakistanischen und afghanischen Spitzenvertretern und die
    Verhandlung eines Waffenstillstands im Gaza-Konflikt.

    Dementsprechend umfangreich fällt Obamas Besuchsprogramm aus. Der
    Präsident wird unter anderem das Mausoleum von Staatsgründer Kemal
    Atatürk besuchen, Religionsführer treffen, vor dem türkischen Parlament
    eine Rede halten, die berühmte Blaue Moschee in Istanbul besichtigen und
    am Dienstag eine Art Sprechstunde mit türkischen Jugendlichen abhalten -
    interaktiv und wohl auch per Internet oder Videoübertragung zugänglich.
    Mehr als die Hälfte der Türken nennen den Präsidenten in Umfragen den
    vertrauenswürdigsten ausländischen Staatsmann - dennoch demonstrierten
    vor der Reise Tausende Türken gegen den Staatsbesuch und skandierten
    "Wir wollen dich nicht". </politik/ausland/0,1518,617536,00.html>

    Es gibt viele Problemfälle für Obama bei seinem Staatsbesuch: Das
    Ansehen der USA hat in der Türkei erheblich gelitten, insbesondere durch
    die verheerende Irak-Invasion. Zum Zeitpunkt von Obamas Wahl äu�erten
    sich nur noch neun Prozent der Türken in Umfragen positiv über den Kurs
    Washingtons. Die amerikanische Hilfe für einen türkischen EU-Beitritt
    beeindruckt angesichts der schleppenden Fortschritte nur noch wenige
    Türken. Ankaras Vermittlerrolle im Nahostkonflikt stö�t an Grenzen:
    Premier Erdogan stürmte im Januar auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos
    wütend aus einer Diskussion mit Israels Präsident Schimon Peres. Zu gro�
    war Erdogans Frust über die israelische Gaza-Invasion - daheim wurde er
    prompt wie ein Held empfangen.

    *Heikelstes Thema: der Genozid an den Armeniern*

    Ohnehin wollen sich die Türken nicht auf die Rolle als Brückenbauer
    zwischen Ost und West verengen lassen. "Obama darf die Türkei nicht
    einfach nur als muslimischen Modellversuch behandeln" sagt Soner
    Cagaptay, Türkei-Experte am "Washington Institute for Near East Policy".
    Es sei eine gute Idee, das Land gleich nach den Auftritten bei Nato und
    der EU zu besuchen - um so seine westliche Anbindung zu unterstreichen.

    Am heikelsten dürfte für den Präsidenten aber jede �u�erung zum
    armenischen Genozid werden - den Massakern an Hunderttausenden Armeniern
    in den letzten Tagen des osmanischen Reiches 1915, welche die meisten
    Türken bis heute nicht als Völkermord anerkennen wollen. Obama hat im
    Wahlkampf versprochen, die Tötungen offiziell als Genozid zu bezeichnen.
    In seinem Team im WeiÃ?en Haus arbeiten Wissenschaftler wie Samantha
    Power, die den Pulitzerpreis für ein Buch über die amerikanische Antwort
    auf Genozide gewann, in dem auch der Armenier-Völkermord vorkommt. Die
    einflussreiche Vertretung armenisch-amerikanischer Gruppen übt viel
    Druck auf Obama aus, in diesem Punkt ja nicht zu wanken. Doch ebenso
    entschlossen klingt weiter die türkische Rhetorik. Erdogan sprach gerade
    erst wieder vom "sogenannten Genozid".

    Die türkische Kolumnistin Amberin Zaman skizziert in einem Beitrag für
    die Türkei-Schriftenreihe des "German Marshall Fund" freilich einen
    möglichen Kompromiss: Im vergangenen Jahr hätten türkische und
    armenische Diplomaten mit Hilfe Schweizer Mediatoren ein umfassendes
    Abkommen ausgearbeitet, das unter anderem eine historische Aufarbeitung
    der Ereignisse von 1915 vorsehe - und den Weg freimache zu einer
    Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen der Türkei und
    Armenien. So könne die Vision eines neuen "goldenen Zeitalters" zwischen
    der Türkei und Washington, glaubt Zaman, trotz aller Genoziddebatten
    rasch schon Wirklichkeit werden.
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