Gmünder Tagespost
3 dez 2012
Brückenbauer und Fels im Wirbelsturm
Journalist Hrant Dink und ägyptischer Schriftsteller Alaa Al-Aswani
erhalten Palm-Preis für Meinungsfreiheit
Alaa Al-Aswani hat schon zu Mubaraks Zeiten gegen die Diktatur
geschrieben. Hrant Dink hat über Jahre zur Aussöhnung zwischen Türken
und Armeniern aufgerufen, aber auch den Völkermord an den Armeniern
1915 der heutigen Türkei als Erbe angelastet. Der ägyptische Autor und
der türkisch-armenische Journalist sind 2012 Träger des
Johann-Philipp-Palm Preises für Meinungsfreiheit.
Schorndorf. Al-Aswani erhielt die Auszeichnung am Sonntag in
Schorndorf, den Preis für den 2007 ermordeten Journalisten nahm dessen
Witwe Rahel Dink entgegen. Was Al-Aswani und Hrant Dink verbindet, hob
Professor Ulrich Palm als Vertreter der Familie Palm hervor: die
Tugend, ?im Menschsein des anderen eine grundsätzliche Gemeinsamkeit`
zu sehen. ?Hrant Dink war Brückenbauer`, würdigte der Publizist Dr.
Raffi Kantian den Journalisten. In seiner 1996 gegründeten
Wochenzeitung ?Agos` habe Dink in türkischer Sprache Türken und
Kurden, die sich für armenische Themen interessierten, ?eine
unverfälschte armenische Sicht` ermöglicht. In ?Agos` habe Dink Themen
angesprochen, die andere Zeitungen nicht anzusprechen wagten: die
Enteignung armenischer Stiftungen, die Vernichtung und Vertreibung der
Armenier während des Ersten Weltkrieges, ?eben den Völkermord`. Er
habe dies ?mit deutlicher Sprache`, aber immer ?ohne Hass` getan. Die
armenisch-türkische Aussöhnung sei sein großes Thema gewesen. Während
das westliche Ausland auf Dink aufmerksam geworden sei, sei er für
türkische Nationalisten ein ?rotes Tuch` gewesen, sagte Kantian. Am
19. Januar 2007 erschoss ihn ein 17-Jähriger vor dem ?Agos`-Gebäude.
Ihr Mann habe gewollt, ?dass sich die Türken von ihrer Paranoia und
die Armenier sich von ihrem Trauma über den armenischen Völkermord
1915 befreien`, sagte Rahel Dink. Dafür sei er ?brutalsten
hasserfüllten Drohungen` ausgesetzt worden. Der Staat habe das bewusst
unterstützt. ?Am Ende haben sie ihn getötet, ihm und uns sein Leben
genommen.`
In dem ?Wirbelsturm` Ägypten, das um seine Freiheit, seine Verfassung,
seine Identität ringe, das erst ?Militärdiktatur` war und jetzt
?Laboratorium für den ersten islamistischen Präsidenten`, in diesem
Ägypten gebe es einen ?Fels`, Alaa Al-Aswani, würdigte Sonja Zekri,
Korrespondentin der ?Süddeutschen Zeitung` in Kairo, den
Schriftsteller. Der Verfasser des Romans ?Der Jakubijan Bau`, der
Ägyptens Geschichte erzählt und fünf Jahre an der Spitze arabischer
Bestsellerlisten stand, hat gegen Mubaraks Diktatur protestiert. Heute
protestiert er wieder. Denn Ägyptens Präsident Mohammed Mursi habe
sich entschieden, ?Diktator zu werden`, sagte Al-Aswani. Es sei
?unsere Pflicht, ihn auf dem Weg zur Tyrannei aufzuhalten, um das
Recht und die Freiheit zu verteidigen`.
Die heutige Türkei und Ägypten seien Ursprungsregionen des
christlichen Glaubens, sagte Festredner Bischof Wolfgang Huber. Er sah
einen engen Zusammenhang zwischen Meinungs- und Religionsfreiheit. Mit
dem Genozid an den Armeniern und anderen christlichen Völkerschaften
habe die zweitausendjährige christliche Geschichte einen
?entscheidenden Einbruch` erlebt. Davon habe sie sich bis heute nicht
erholt. Umso bedrückender sei, dass den klein gewordenen christlichen
Kirchen in der Türkei bis heute volle Religionsfreiheit verweigert
werde. Vergleichbares gelte für Ägypten. Man könne in Ägypten ?kaum
von einem verfassungsgebenden Prozess reden, was wir in diesen Tagen
erleben`, sagte Huber. Religionsfreiheit werde in der Türkei und in
Ägypten zu einem Schlüsselthema. Und: ?Wir können nicht still bleiben,
wenn die Christen in der Ursprungsregion des christlichen Glaubens
immer stärker an den Rand gedrängt werden.` Huber forderte,
Meinungsfreiheit hierzulande einzusetzen, um die Freiheit anderer zu
stärken. So sah er im Johann-Philipp-Palm-Preis ein ?Zeichen der
Solidarität` mit ?Vorkämpfern von Meinungs- und Glaubensfreiheit in
der Türkei und in Ägypten`.
From: A. Papazian
3 dez 2012
Brückenbauer und Fels im Wirbelsturm
Journalist Hrant Dink und ägyptischer Schriftsteller Alaa Al-Aswani
erhalten Palm-Preis für Meinungsfreiheit
Alaa Al-Aswani hat schon zu Mubaraks Zeiten gegen die Diktatur
geschrieben. Hrant Dink hat über Jahre zur Aussöhnung zwischen Türken
und Armeniern aufgerufen, aber auch den Völkermord an den Armeniern
1915 der heutigen Türkei als Erbe angelastet. Der ägyptische Autor und
der türkisch-armenische Journalist sind 2012 Träger des
Johann-Philipp-Palm Preises für Meinungsfreiheit.
Schorndorf. Al-Aswani erhielt die Auszeichnung am Sonntag in
Schorndorf, den Preis für den 2007 ermordeten Journalisten nahm dessen
Witwe Rahel Dink entgegen. Was Al-Aswani und Hrant Dink verbindet, hob
Professor Ulrich Palm als Vertreter der Familie Palm hervor: die
Tugend, ?im Menschsein des anderen eine grundsätzliche Gemeinsamkeit`
zu sehen. ?Hrant Dink war Brückenbauer`, würdigte der Publizist Dr.
Raffi Kantian den Journalisten. In seiner 1996 gegründeten
Wochenzeitung ?Agos` habe Dink in türkischer Sprache Türken und
Kurden, die sich für armenische Themen interessierten, ?eine
unverfälschte armenische Sicht` ermöglicht. In ?Agos` habe Dink Themen
angesprochen, die andere Zeitungen nicht anzusprechen wagten: die
Enteignung armenischer Stiftungen, die Vernichtung und Vertreibung der
Armenier während des Ersten Weltkrieges, ?eben den Völkermord`. Er
habe dies ?mit deutlicher Sprache`, aber immer ?ohne Hass` getan. Die
armenisch-türkische Aussöhnung sei sein großes Thema gewesen. Während
das westliche Ausland auf Dink aufmerksam geworden sei, sei er für
türkische Nationalisten ein ?rotes Tuch` gewesen, sagte Kantian. Am
19. Januar 2007 erschoss ihn ein 17-Jähriger vor dem ?Agos`-Gebäude.
Ihr Mann habe gewollt, ?dass sich die Türken von ihrer Paranoia und
die Armenier sich von ihrem Trauma über den armenischen Völkermord
1915 befreien`, sagte Rahel Dink. Dafür sei er ?brutalsten
hasserfüllten Drohungen` ausgesetzt worden. Der Staat habe das bewusst
unterstützt. ?Am Ende haben sie ihn getötet, ihm und uns sein Leben
genommen.`
In dem ?Wirbelsturm` Ägypten, das um seine Freiheit, seine Verfassung,
seine Identität ringe, das erst ?Militärdiktatur` war und jetzt
?Laboratorium für den ersten islamistischen Präsidenten`, in diesem
Ägypten gebe es einen ?Fels`, Alaa Al-Aswani, würdigte Sonja Zekri,
Korrespondentin der ?Süddeutschen Zeitung` in Kairo, den
Schriftsteller. Der Verfasser des Romans ?Der Jakubijan Bau`, der
Ägyptens Geschichte erzählt und fünf Jahre an der Spitze arabischer
Bestsellerlisten stand, hat gegen Mubaraks Diktatur protestiert. Heute
protestiert er wieder. Denn Ägyptens Präsident Mohammed Mursi habe
sich entschieden, ?Diktator zu werden`, sagte Al-Aswani. Es sei
?unsere Pflicht, ihn auf dem Weg zur Tyrannei aufzuhalten, um das
Recht und die Freiheit zu verteidigen`.
Die heutige Türkei und Ägypten seien Ursprungsregionen des
christlichen Glaubens, sagte Festredner Bischof Wolfgang Huber. Er sah
einen engen Zusammenhang zwischen Meinungs- und Religionsfreiheit. Mit
dem Genozid an den Armeniern und anderen christlichen Völkerschaften
habe die zweitausendjährige christliche Geschichte einen
?entscheidenden Einbruch` erlebt. Davon habe sie sich bis heute nicht
erholt. Umso bedrückender sei, dass den klein gewordenen christlichen
Kirchen in der Türkei bis heute volle Religionsfreiheit verweigert
werde. Vergleichbares gelte für Ägypten. Man könne in Ägypten ?kaum
von einem verfassungsgebenden Prozess reden, was wir in diesen Tagen
erleben`, sagte Huber. Religionsfreiheit werde in der Türkei und in
Ägypten zu einem Schlüsselthema. Und: ?Wir können nicht still bleiben,
wenn die Christen in der Ursprungsregion des christlichen Glaubens
immer stärker an den Rand gedrängt werden.` Huber forderte,
Meinungsfreiheit hierzulande einzusetzen, um die Freiheit anderer zu
stärken. So sah er im Johann-Philipp-Palm-Preis ein ?Zeichen der
Solidarität` mit ?Vorkämpfern von Meinungs- und Glaubensfreiheit in
der Türkei und in Ägypten`.
From: A. Papazian