Kathweb
13 jun 2012
Türkischer Historiker: "Türkei soll Völkermord anerkennen"
Taner Akcam bei Symposion in Zürich zu neuesten Forschungen über
Verfolgung von Armeniern, Griechen und syrischen Christen durch
jungtürkische Bewegung
13.06.2012
Zürich, 13.06.2012 (KAP) Die Türkei könnte im Nahen Osten als
regionale Ordnungsmacht fungieren, wenn sie den in den Jahren 1914 bis
1923 durchgeführten Völkermord an den christlichen Minderheiten der
Griechen, Armenier und syrischen Christen anerkennt. Dies betonte der
türkische Historiker Taner Akcam in Zürich bei einem Symposion,
berichtete die Stiftung "Pro Oriente" in einer Aussendung am Mittwoch.
Die Tagung beschäftigte sich mit der Zukunft der religiösen
Minderheiten im Nahen Osten und wurde von "Christian Solidarity
International" (CSI) organisiert.
Akcam ist der erste türkische Historiker, der den Völkermord
öffentlich anerkannt hat. Er legte in Zürich Themen aus seinem
neuesten Buch "The Young Turks' Crime against Humanity. The Armenian
Genocide and the Ethnic Cleansing in the Ottoman Empire" vor. Darin
weist er den Genozid anhand von Quellen aus den osmanischen Archiven
nach. Nach seinen Forschungen war ein Drittel der damaligen
Bevölkerung Anatoliens von 1914 bis 1918 von Deportationen oder
Massakern betroffen - zuerst die Griechen, dann auch Armenier und
syrisch-orthodoxe, syrisch-katholische, chaldäisch-katholische
Christen sowie Angehörige der Apostolischen Kirche des Ostens.
Nach Ansicht Akcams hätte die Türkei das Potenzial, als regionale
Ordnungsmacht im Nahen Osten zu fungieren. Voraussetzung dafür sei
allerdings eine breitere Akzeptanz durch die Staatengemeinschaft. Die
Anerkennung des Genozids könnte der Türkei dazu verhelfen. Die
gegenwärtige Entwicklung in Syrien zeige, wie wichtig eine
verlässliche Ordnungsmacht im Nahen Osten wäre.
Der Historiker und Soziologe, der in den USA lehrt, stammt aus Ardahan
im östlichen Anatolien, wo er 1953 geboren wurde. In Ardahan (bis 1918
russisches Territorium) leben auch heute noch Nachfahren islamisierter
Armenier. Akcam studierte in Ankara zunächst Verwaltungswissenschaften
und Volkswirtschaft. In der Mitte der 1970er-Jahre unterstützte er die
linke Bewegung "Dev Yol". 1976 wurde er zu zehn Jahren Gefängnis
verurteilt, konnte aber ein Jahr später fliehen und in die
Bundesrepublik Deutschland emigrieren. Er wurde 1995 an der
Universität Hannover promoviert.
Von Akcam stammt u. a. die bisher detaillierteste Arbeit über die vom
Sultan in den Jahren 1919/1920 in Istanbul angeordneten
Kriegsverbrecherprozesse gegen die Hauptverantwortlichen des Genozids,
die leitenden Politiker des jungtürkischen "Komitees für Einheit und
Fortschritt" (Ittihad ve Terakki), das in den Kriegsjahren die
osmanische Regierung gestellt hatte.
http://www.kathweb.at/site/nachrichten/database/47493.html
From: A. Papazian
13 jun 2012
Türkischer Historiker: "Türkei soll Völkermord anerkennen"
Taner Akcam bei Symposion in Zürich zu neuesten Forschungen über
Verfolgung von Armeniern, Griechen und syrischen Christen durch
jungtürkische Bewegung
13.06.2012
Zürich, 13.06.2012 (KAP) Die Türkei könnte im Nahen Osten als
regionale Ordnungsmacht fungieren, wenn sie den in den Jahren 1914 bis
1923 durchgeführten Völkermord an den christlichen Minderheiten der
Griechen, Armenier und syrischen Christen anerkennt. Dies betonte der
türkische Historiker Taner Akcam in Zürich bei einem Symposion,
berichtete die Stiftung "Pro Oriente" in einer Aussendung am Mittwoch.
Die Tagung beschäftigte sich mit der Zukunft der religiösen
Minderheiten im Nahen Osten und wurde von "Christian Solidarity
International" (CSI) organisiert.
Akcam ist der erste türkische Historiker, der den Völkermord
öffentlich anerkannt hat. Er legte in Zürich Themen aus seinem
neuesten Buch "The Young Turks' Crime against Humanity. The Armenian
Genocide and the Ethnic Cleansing in the Ottoman Empire" vor. Darin
weist er den Genozid anhand von Quellen aus den osmanischen Archiven
nach. Nach seinen Forschungen war ein Drittel der damaligen
Bevölkerung Anatoliens von 1914 bis 1918 von Deportationen oder
Massakern betroffen - zuerst die Griechen, dann auch Armenier und
syrisch-orthodoxe, syrisch-katholische, chaldäisch-katholische
Christen sowie Angehörige der Apostolischen Kirche des Ostens.
Nach Ansicht Akcams hätte die Türkei das Potenzial, als regionale
Ordnungsmacht im Nahen Osten zu fungieren. Voraussetzung dafür sei
allerdings eine breitere Akzeptanz durch die Staatengemeinschaft. Die
Anerkennung des Genozids könnte der Türkei dazu verhelfen. Die
gegenwärtige Entwicklung in Syrien zeige, wie wichtig eine
verlässliche Ordnungsmacht im Nahen Osten wäre.
Der Historiker und Soziologe, der in den USA lehrt, stammt aus Ardahan
im östlichen Anatolien, wo er 1953 geboren wurde. In Ardahan (bis 1918
russisches Territorium) leben auch heute noch Nachfahren islamisierter
Armenier. Akcam studierte in Ankara zunächst Verwaltungswissenschaften
und Volkswirtschaft. In der Mitte der 1970er-Jahre unterstützte er die
linke Bewegung "Dev Yol". 1976 wurde er zu zehn Jahren Gefängnis
verurteilt, konnte aber ein Jahr später fliehen und in die
Bundesrepublik Deutschland emigrieren. Er wurde 1995 an der
Universität Hannover promoviert.
Von Akcam stammt u. a. die bisher detaillierteste Arbeit über die vom
Sultan in den Jahren 1919/1920 in Istanbul angeordneten
Kriegsverbrecherprozesse gegen die Hauptverantwortlichen des Genozids,
die leitenden Politiker des jungtürkischen "Komitees für Einheit und
Fortschritt" (Ittihad ve Terakki), das in den Kriegsjahren die
osmanische Regierung gestellt hatte.
http://www.kathweb.at/site/nachrichten/database/47493.html
From: A. Papazian