IM LAND DER GRANATAPFEL, KREUZE UND KLOSTER
Samstag, 28. September 2013, 11:10 Uhr
Judith Wipfler
Armenien ist reich an Geschichte und Traditionen. Die Armenier
von heute haben aber nicht viel davon. Das Land ist bettelarm,
Arbeitslosigkeit und Armut dominieren den Alltag. Der Stolz auf das
eigene Land bleibt dennoch ungebrochen.
Der National-Berg Ararat der Armenier liegt zwar in der Turkei,
wacht aber dennoch uber das Land. SRF/ Judith Wipfler
1/5
Sewansee-Kloster: Eines von unzahligen Klostern im Land. SRF/
Judith Wipfler
2/5
Das Kirchenoberhaupt, der Katholikos, umringt von Glaubigen und
Schaulustigen. SRF/ Judith Wipfler
3/5
Die Agrarwirtschaft ist Haupteinnahmequelle nachdem die Industrie
zusammengebrochen ist. SRF/ Judith Wipfler
4/5
Armenien war in der UDSSR der grosse Kupferlieferant, jetzt liegen die
Anlagen brach oder wurden durch Erdbeben zerstort. SRF/ Judith Wipfler
5/5
Der National-Berg Ararat der Armenier liegt zwar in der Turkei,
wacht aber dennoch uber das Land. SRF/ Judith Wipfler
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Armenien, das Land im Herzen des Kaukasus, tragt viele Namen. Land der
Granatapfel, Land der Aprikosen ("Prunus armeniaca") oder auch Land
der Steine und "Felseninsel". Armenien ist ein Gebirgsland mit einer
Durchschnittshohe von 1700 Metern. "Land der Kloster und Kirchen"
- diesen Namen hatte Armenien genauso verdient, denn beinahe auf
jeder grosseren Anhohe, scheint hier ein Kirchenkloster erbaut worden
zu sein.
Alte Traditionen
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Bildlegende: Der Heilige Mesrop kreierte um 303 die armenische
Schrift. SRF/ Judith Wipfler
Die armenische Architektur ist voller Eigenheiten und erreichte im 12.
und 13. Jahrhundert Hohepunkte. Bis heute sind die Armenierinnen und
Armenier stolz darauf, im Jahr 301 der erste Staat gewesen zu sein,
der das Christentum als Staatsreligion annahm. Die heute bettelarme
Nation mit 40 Prozent realer Arbeitslosigkeit ist auch auf anderes
stolz. Etwa auf feinste Aprikosen, Wein und Cognac, jahrhundertealte
Handschriften, die eigene Sprache und Schrift, Kirchengesang und eine
ganz eigene kirchenmusikalische Tradition.
Die Macht der Kirche
Zusatzinhalt uberspringen
Literaturhinweise
Jasmine Dum-Tragut: "Armenien. 3000 Jahre Kultur zwischen Ost und
West", Reisefuhrer, Trescher Verlag 2011.
Franz Werfel: "Die vierzig Tage des Musa Dagh", Fischer TB,
div. Auflagen.
Ossip Mandelstam: "Die Reise nach Armenien", Edition Suhrkamp 2012.
Das Sowjetregime hat den Armeniern das Christentum nicht austreiben
konnen, auch wenn der Traditionsabbruch uberall spurbar ist. In den
"Klostern" gibt es oft gar keine Monche mehr. Manchmal ist es ein
einzelner Abt, der fast allein seine zeremoniellen Dienste versieht.
Die Kirche nimmt zwar wieder viel Einfluss auf Nationenbildung
und Politik. Sie hat es auch geschafft, dass Kirchengeschichte zum
regularen Schulfach wurde. Aber die priesterliche Versorgung ist noch
lange nicht flachendeckend. Klerikaler Nachwuchs wird in der Stadt
Etschmiadsin ausgebildet, die auch Sitz des Katholikos (Patriarchen)
der armenisch-orthodoxen Kirche ist.
Aber der priesterliche Nachwuchs geht zur Halfte in alle Welt, denn
die Armenier sind ein Volk der Diaspora mit Millionen starken Zentren
in den GUS-Staaten wie auch in Nordamerika. In der Schweiz gibt es
Gemeinden in Zurich und Genf.
Ruhe und Konzentration statt Prunk
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Bildlegende: Die Kreuzsteine standen einst verstreut uber das ganze
Land als Zeichen der Christianisierung. SRF/ Judith Wipfler
Eine armenische Besonderheit sind die so genannten Kreuzsteine.
"Chatschkar" heisst der Kreuzstein auf Armenisch. 40'000 von ihnen soll
es heute noch geben. Sie waren einst in der ganzen Region zerstreut,
um deren Christianisierung anzuzeigen. Dieses Kreuz ist hier immer
ein bluhender, sprossender Lebensbaum und symbolisiert damit die
Erlosung zum Leben durch das Kreuz.
Die Kloster der armenischen Kirche lassen sich kaum mit denen anderer
orthodoxer Kirchen vergleichen. Hier gibt es keine Ikonenverehrung
und kaum Bilder. Die Kirchlein sind oft sehr dunkel und wenig verziert.
Man kommt hier gut zur Ruhe und kann sich auf das Wesentliche
konzentrieren, wenn nicht gerade die nachste Touristengruppe drangelt.
Von der Kupferindustrie zuruck zur Agrarwirtschaft
Zusatzinhalt uberspringen
Musikhinweis
Jordi Savall und Hesperion XXI: "Esprit d'Armenie - Armenian Spirit",
Alia Vox 9892.
Der Tourismus ist eine wichtige, devisenbringende Einnahmequelle fur
das Land. Es wurde in die Agrarwirtschaft zuruck katapultiert. Der
Sowjetstaat Armenien lieferte einst 75 Prozent des Kupferbedarfs in
die Staaten der UDSSR. Nach deren Zusammenbruch und nach Erdbeben,
die wichtige Industrieanlagen zerstorten, liegt die Kupferverarbeitung
fast danieder. Uberall rosten und rotten Fabrikanlagen vor sich hin.
Viehherden dagegen weiden selbst auf uber 2000 Metern.
Geleugneter Genozid
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Bildlegende: Das Denkmal in der Hauptstadt Jerewan erinnert an den
Genozid durch Jungturken 1915/16. SRF/ Judith Wipfler
Die Erinnerung an den Genozid an den Armeniern wird uberall wach
gehalten, besonders aber in der nationalen Gedenkstatte in der
Hauptstadt Jerewan. Weit uber eine Million Armenierinnen und Armenier
sind in den Jahren 1915/16 von den Jungturken ermordet worden. Die
Turkei erkennt diesen Genozid bis heute nicht als solchen an. Darum
gibt es auch immer wieder diplomatische Spannungen zwischen der Turkei
und den Politikerinnen oder Kirchenoberhauptern, die offen von Genozid
sprechen oder gar ein Schuldeingestandnis der Turkei einfordern.
National-Berg auf fremdem Terrain
Auch Armeniens National-Berg Ararat steht heute auf turkischem Gebiet.
Der Ararat ist jener Berg, auf dem Noah einst mit der Arche gestrandet
sein soll. Der Ort, an dem Gott seinen ewigen Bund mit allem Lebendigen
auf der Erde schloss und zum Zeichen dafur den Regenbogen schickte. Der
Blick auf den schneebedeckten Ararat begleitet einen auf der ganzen
Reise durch Armenien. Er ist das Erste und auch das Letzte, was beim
An- und Abflug auf Jerewan unvergesslich in den Blick kommt.
Sendung zu diesem Artikel
Lokaltermin Armenien: Neue Monche suchen das alteste, christliche Land
Freitag, 27. September 2013, 18:15 Uhr
Armenien ist stolz darauf, das erste Land gewesen zu sein, das 301 das
Christentum als Staatsreligion einfuhrte. Doch die Sowjetzeit hat viel
vom einzigartigen christlichen Erbe zerstort. Nicht nur Kirchbauten,
sondern auch Gemeindeleben.
http://www.srf.ch/kultur/gesellschaft-religion/im-land-der-granataepfel-kreuze-und-kloester
From: A. Papazian
Samstag, 28. September 2013, 11:10 Uhr
Judith Wipfler
Armenien ist reich an Geschichte und Traditionen. Die Armenier
von heute haben aber nicht viel davon. Das Land ist bettelarm,
Arbeitslosigkeit und Armut dominieren den Alltag. Der Stolz auf das
eigene Land bleibt dennoch ungebrochen.
Der National-Berg Ararat der Armenier liegt zwar in der Turkei,
wacht aber dennoch uber das Land. SRF/ Judith Wipfler
1/5
Sewansee-Kloster: Eines von unzahligen Klostern im Land. SRF/
Judith Wipfler
2/5
Das Kirchenoberhaupt, der Katholikos, umringt von Glaubigen und
Schaulustigen. SRF/ Judith Wipfler
3/5
Die Agrarwirtschaft ist Haupteinnahmequelle nachdem die Industrie
zusammengebrochen ist. SRF/ Judith Wipfler
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Armenien war in der UDSSR der grosse Kupferlieferant, jetzt liegen die
Anlagen brach oder wurden durch Erdbeben zerstort. SRF/ Judith Wipfler
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Der National-Berg Ararat der Armenier liegt zwar in der Turkei,
wacht aber dennoch uber das Land. SRF/ Judith Wipfler
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Armenien, das Land im Herzen des Kaukasus, tragt viele Namen. Land der
Granatapfel, Land der Aprikosen ("Prunus armeniaca") oder auch Land
der Steine und "Felseninsel". Armenien ist ein Gebirgsland mit einer
Durchschnittshohe von 1700 Metern. "Land der Kloster und Kirchen"
- diesen Namen hatte Armenien genauso verdient, denn beinahe auf
jeder grosseren Anhohe, scheint hier ein Kirchenkloster erbaut worden
zu sein.
Alte Traditionen
Bild in Lightbox offnen.
Bildlegende: Der Heilige Mesrop kreierte um 303 die armenische
Schrift. SRF/ Judith Wipfler
Die armenische Architektur ist voller Eigenheiten und erreichte im 12.
und 13. Jahrhundert Hohepunkte. Bis heute sind die Armenierinnen und
Armenier stolz darauf, im Jahr 301 der erste Staat gewesen zu sein,
der das Christentum als Staatsreligion annahm. Die heute bettelarme
Nation mit 40 Prozent realer Arbeitslosigkeit ist auch auf anderes
stolz. Etwa auf feinste Aprikosen, Wein und Cognac, jahrhundertealte
Handschriften, die eigene Sprache und Schrift, Kirchengesang und eine
ganz eigene kirchenmusikalische Tradition.
Die Macht der Kirche
Zusatzinhalt uberspringen
Literaturhinweise
Jasmine Dum-Tragut: "Armenien. 3000 Jahre Kultur zwischen Ost und
West", Reisefuhrer, Trescher Verlag 2011.
Franz Werfel: "Die vierzig Tage des Musa Dagh", Fischer TB,
div. Auflagen.
Ossip Mandelstam: "Die Reise nach Armenien", Edition Suhrkamp 2012.
Das Sowjetregime hat den Armeniern das Christentum nicht austreiben
konnen, auch wenn der Traditionsabbruch uberall spurbar ist. In den
"Klostern" gibt es oft gar keine Monche mehr. Manchmal ist es ein
einzelner Abt, der fast allein seine zeremoniellen Dienste versieht.
Die Kirche nimmt zwar wieder viel Einfluss auf Nationenbildung
und Politik. Sie hat es auch geschafft, dass Kirchengeschichte zum
regularen Schulfach wurde. Aber die priesterliche Versorgung ist noch
lange nicht flachendeckend. Klerikaler Nachwuchs wird in der Stadt
Etschmiadsin ausgebildet, die auch Sitz des Katholikos (Patriarchen)
der armenisch-orthodoxen Kirche ist.
Aber der priesterliche Nachwuchs geht zur Halfte in alle Welt, denn
die Armenier sind ein Volk der Diaspora mit Millionen starken Zentren
in den GUS-Staaten wie auch in Nordamerika. In der Schweiz gibt es
Gemeinden in Zurich und Genf.
Ruhe und Konzentration statt Prunk
Bild in Lightbox offnen.
Bildlegende: Die Kreuzsteine standen einst verstreut uber das ganze
Land als Zeichen der Christianisierung. SRF/ Judith Wipfler
Eine armenische Besonderheit sind die so genannten Kreuzsteine.
"Chatschkar" heisst der Kreuzstein auf Armenisch. 40'000 von ihnen soll
es heute noch geben. Sie waren einst in der ganzen Region zerstreut,
um deren Christianisierung anzuzeigen. Dieses Kreuz ist hier immer
ein bluhender, sprossender Lebensbaum und symbolisiert damit die
Erlosung zum Leben durch das Kreuz.
Die Kloster der armenischen Kirche lassen sich kaum mit denen anderer
orthodoxer Kirchen vergleichen. Hier gibt es keine Ikonenverehrung
und kaum Bilder. Die Kirchlein sind oft sehr dunkel und wenig verziert.
Man kommt hier gut zur Ruhe und kann sich auf das Wesentliche
konzentrieren, wenn nicht gerade die nachste Touristengruppe drangelt.
Von der Kupferindustrie zuruck zur Agrarwirtschaft
Zusatzinhalt uberspringen
Musikhinweis
Jordi Savall und Hesperion XXI: "Esprit d'Armenie - Armenian Spirit",
Alia Vox 9892.
Der Tourismus ist eine wichtige, devisenbringende Einnahmequelle fur
das Land. Es wurde in die Agrarwirtschaft zuruck katapultiert. Der
Sowjetstaat Armenien lieferte einst 75 Prozent des Kupferbedarfs in
die Staaten der UDSSR. Nach deren Zusammenbruch und nach Erdbeben,
die wichtige Industrieanlagen zerstorten, liegt die Kupferverarbeitung
fast danieder. Uberall rosten und rotten Fabrikanlagen vor sich hin.
Viehherden dagegen weiden selbst auf uber 2000 Metern.
Geleugneter Genozid
Bild in Lightbox offnen.
Bildlegende: Das Denkmal in der Hauptstadt Jerewan erinnert an den
Genozid durch Jungturken 1915/16. SRF/ Judith Wipfler
Die Erinnerung an den Genozid an den Armeniern wird uberall wach
gehalten, besonders aber in der nationalen Gedenkstatte in der
Hauptstadt Jerewan. Weit uber eine Million Armenierinnen und Armenier
sind in den Jahren 1915/16 von den Jungturken ermordet worden. Die
Turkei erkennt diesen Genozid bis heute nicht als solchen an. Darum
gibt es auch immer wieder diplomatische Spannungen zwischen der Turkei
und den Politikerinnen oder Kirchenoberhauptern, die offen von Genozid
sprechen oder gar ein Schuldeingestandnis der Turkei einfordern.
National-Berg auf fremdem Terrain
Auch Armeniens National-Berg Ararat steht heute auf turkischem Gebiet.
Der Ararat ist jener Berg, auf dem Noah einst mit der Arche gestrandet
sein soll. Der Ort, an dem Gott seinen ewigen Bund mit allem Lebendigen
auf der Erde schloss und zum Zeichen dafur den Regenbogen schickte. Der
Blick auf den schneebedeckten Ararat begleitet einen auf der ganzen
Reise durch Armenien. Er ist das Erste und auch das Letzte, was beim
An- und Abflug auf Jerewan unvergesslich in den Blick kommt.
Sendung zu diesem Artikel
Lokaltermin Armenien: Neue Monche suchen das alteste, christliche Land
Freitag, 27. September 2013, 18:15 Uhr
Armenien ist stolz darauf, das erste Land gewesen zu sein, das 301 das
Christentum als Staatsreligion einfuhrte. Doch die Sowjetzeit hat viel
vom einzigartigen christlichen Erbe zerstort. Nicht nur Kirchbauten,
sondern auch Gemeindeleben.
http://www.srf.ch/kultur/gesellschaft-religion/im-land-der-granataepfel-kreuze-und-kloester
From: A. Papazian