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Davutoglu Beschwert Sich Personlich Bei Merkel

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    DAVUTOGLU BESCHWERT SICH PERSONLICH BEI MERKEL

    Die Bundestagsresolution uber den Volkermord an den Armeniern erzurnt
    die Turkei: Der Ministerprasident hat sich bei der Kanzlerin personlich
    daruber beschwert. Er fuhrte ein historisches Argument an.

    Von Robin Alexander,Claudia Kade Foto: dpaDer Ministerprasident der
    Turkei, Ahmet Davutoglu, und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU)
    bei ihrem Treffen im Januar 2015

    Der Ministerprasident der Turkei, Ahmet Davutoglu, hat personlich bei
    Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gegen die Verwendung des Begriffes
    "Volkermord" in einer Resolution des Bundestages interveniert.

    Am Dienstagnachmittag telefonierten die beiden Regierungschefs nach
    Informationen der "Welt" uber dieses Thema. Demnach argumentierte
    Davutoglu dabei, die Verwendung des Begriffes "Volkermord" fur die
    Massaker an den armenischen Einwohnern des Osmanischen Reiches im Jahr
    1915 sei nicht zulassig, da dieser Terminus erst nach dem Zweiten
    Weltkrieg ins Volkerrecht aufgenommen wurde. In der Turkei gehort
    die Leugnung des Volkermordes nach wie vor zur Staatsrason.

    Am Freitag wird der Bundestag uber einen Antrag der
    Regierungsfraktionen abstimmen, in dem es heißt, die "planmaßige
    Vertreibung und Vernichtung von uber einer Million ethnischer Armenier"
    stehe "beispielhaft fur die Geschichte der Massenvernichtungen,
    der ethnischen Sauberungen, der Vertreibungen, ja der Volkermorde,
    von denen das 20. Jahrhundert auf so schreckliche Weise gezeichnet
    ist. Dabei wissen wir um die Einzigartigkeit des Holocaust, fur den
    Deutschland Schuld und Verantwortung tragt."

    Die Bundesregierung hatte zuerst darauf gedrungen, den Begriff
    "Volkermord" aus diplomatischer Rucksicht auf die Turkei nicht zu
    verwenden. Nachdem Papst Franziskus jedoch den Begriff verwendet hatte
    und dafur vom turkischen Staatsprasidenten Recep Tayyip Erdogan scharf
    gerugt worden war, rebellierten Abgeordnete und fuhrende Politiker
    der Union gegen diese Sprachregelung.

    Da auch Bundesprasident Joachim Gauck angedeutet hatte, seinerseits
    auf einer Veranstaltung am Donnerstag den Volkermord beim Namen zu
    nennen, gaben die Fraktionsspitzen nach.

    Turkische Vereine lehnen Begriff scharf ab

    Fuhrende Vertreter turkischer Verbande warnten die schwarz-rote
    Koalition ebenfalls davor, das deutsch-turkische Verhaltnis mit dem
    Volkermord-Vorwurf schwer zu belasten. Außerdem werde die Aussohnung
    zwischen der Turkei und Armenien erschwert, lautete der Vorwurf. Auch
    gegen den Papst und das Europaische Parlament, die die Geschehnisse
    von damals ebenfalls als Volkermord eingestuft haben, teilen sie
    kraftig aus.

    Wenn der Bundesprasident von Volkermord spricht, uberschreitet er
    seine Kompetenzen

    Ali Soylemezoglu Vorsitzender des turkischen Vereins Dialog und Frieden

    "Wenn das EU-Parlament, der Papst und der Bundesprasident dazu
    beitragen wollen, dass das Problem gelost wird, sollten sie darauf
    hinwirken, dass sich beide Seiten an einen Tisch setzen", sagt Bekir
    Yilmaz, Prasident der Turkischen Gemeinde in Berlin. "Alles andere
    fuhrt nur dazu, dass sich die Fronten verharten." Die Wahrheitsfindung
    sollte nicht in Parlamenten stattfinden, sondern in Gerichtssalen.

    "Ein Volkermord ist die schwerste Straftat, die die Weltgemeinschaft
    kennt", sagte Ali Soylemezoglu, Vorsitzender des turkischen Vereins
    Dialog und Frieden. Nur ein Gericht habe die Befugnis, einen Volkermord
    festzustellen. "Wenn der Bundesprasident von Volkermord spricht,
    uberschreitet er seine Kompetenzen." Dies sei eine Anmaßung und
    bedauerlich.

    Uber das Gedenken an die Verbrechen gegen die Armenier gibt es seit
    Jahren Streit. Wahrend die Bundesregierung den Begriff aus Rucksicht
    auf die diplomatischen Beziehungen zur Turkei lange vermied, sehen
    Historiker den Begriff angesichts der systematischen Vernichtung der
    Armenier mit bis zu 1,5 Millionen Toten als gerechtfertigt an.

    Worte des Papstes? Fur die Vereine unwichtig

    Die neue Formulierung der Koalitionsfraktionen wollen die turkischen
    Verbande nicht widerstandslos hinnehmen: Die Historiker seien sich
    keineswegs einig in der Einstufung der Massaker, und da auch viele
    Muslime ums Leben gekommen seien, musse eher von einer Art Burgerkrieg
    gesprochen werden oder auch von einer fehlerhaften Umsiedlungspolitik
    der damaligen osmanischen Fuhrung, argumentieren sie.

    Dass der Papst das anders sieht, habe kein Gewicht. "Der Papst war
    noch nie ein Verkunder von Wahrheiten", sagt Soylemezoglu. "Fur die
    Wahrheitsfindung sind die Worte des Papstes noch nie geeignet gewesen."

    Die Bundesregierung habe bislang die Position vertreten, dass die
    einschlagige UN-Konvention uber die Verhutung und Bestrafung von
    Volkermord aus dem Jahr 1948 fur die Bundesrepublik erst seit 1955 in
    Kraft sei und nicht ruckwirkend gelte. Nun werfe die Bundesregierung
    plotzlich ihre eigenen Grundsatze uber Bord. Es werde mit zweierlei
    Maß gemessen, wenn es um die Turkei gehe, kritisiert Soylemezoglu.

    Sollten Bundesprasident, Regierung und Parlament bei ihrer Einschatzung
    bleiben, werde ihr Ansehen Schaden nehmen.

    "Eine einseitige Darstellung der Geschichte schadet der Freundschaft
    zwischen Deutschland, der Turkei und Armenien", warnt Niyazi Oncel
    vom Verein Gedankengut Ataturks. Und Yilmaz mahnt: Die knapp drei
    Millionen hier lebenden Turken litten ohnehin schon unter der
    Debatte uber Integration, Islamfeindlichkeit und Pegida. Sollten
    die Bundestagsabgeordneten die geplante Resolution beschließen,
    legten sie damit "noch eine Schippe drauf". Fur Samstag ist eine
    Protestkundgebung in Berlin geplant.

    http://www.welt.de/politik/deutschland/article139918236/Davutoglu-beschwert-sich-persoenlich-bei-Merkel.html

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