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"Musa Dagh" at Gorki Theater in Berlin (in German)

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  • "Musa Dagh" at Gorki Theater in Berlin (in German)

    Neue Zürcher Zeitung, Schweiz
    10 mar 2015

    am Gorki-Theater Berlin: Armenien, ermordet

    Bernd Noack

    Erinnerung an das Ungeheuerliche, Erinnerung aber auch daran, dass es
    immer noch verschwiegen, geleugnet wird: Vor hundert Jahren begann in
    der Türkei die systematische Verfolgung und Ermordung der armenischen
    Bevölkerung. Bis zu 1,5 Millionen Menschen fielen den
    , die von der damaligen Regierung als
    für angeblichen Verrat gerechtfertigt wurden, zum Opfer. Frauen,
    Kinder und Männer wurden in ihren Heimatdörfern getötet oder auf
    Gewaltmärsche und in Konzentrationslager geschickt, wo sie regelrecht
    verendeten. Bis heute weigert sich die offizielle Türkei, diese
    penibel geplanten Aktionen als das zu bezeichnen, was sie tatsächlich
    waren: Genozid - der erste in einem Jahrhundert, das das
    Ungeheuerliche noch zu steigern wusste.

    Im Berliner Maxim-Gorki-Theater, dessen Intendantin Shermin Langhoff
    aus der Türkei stammt (), nimmt man sich nun vierzig Tage lang
    dieses Themas an. heisst die Veranstaltungsreihe, die bis Ende April mit
    Theater, Filmen und Kunstaktionen die Ereignisse der Jahre 1915/16 ins
    Gedächtnis rufen und zum Weiterdenken anstacheln will. Der 24. April
    1915, an dem in Istanbul armenische Intellektuelle verhaftet (und
    später umgebracht) wurden, gilt heute als symbolischer Beginn für die
    dann folgende Ausrottung eines ganzen Volkes. Es geht in Berlin aber
    auch um die Fragen, wie viel Schuld andere Länder seinerzeit (vor
    allem Deutschland) an dem Ablauf des Mordens hatten
    und wie hartnäckig sich das Schweigen bis heute fortsetzt. In der
    Türkei hat mit Repressalien zu rechnen, wer die längst nachgewiesene
    Wahrheit ausspricht; aber auch die bundesdeutsche Regierung konnte
    sich bisher nicht dazu durchringen, die grausamen Ereignisse offiziell
    als anzuerkennen ().





    Dies ist ein Aspekt von , einem
    Stück des Dokumentartheatermachers Hans-Werner Kroesinger. Basierend
    auf Franz Werfels Roman, in dem der verzweifelte, doch erfolgreiche
    Kampf einer kleinen armenischen Gruppe gegen die staatlichen
    türkischen Mörder eindrucksvoll geschildert wird, erzählen Kroesinger
    und sein Ensemble von den Ereignissen wie Augenzeugen: Stakkatoartig
    wird aus alten Akten, aus aktuellen Protokollen und Anfragen im
    Deutschen Bundestag zitiert, Namen und Zahlen fallen, und immer wieder
    werden kleine Diapositive gegen das Licht gehalten und verschwinden
    wie heikle Beweisstücke - man ahnt nur, welche Greuel auf ihnen zu
    sehen sein müssen.

    Dies ist die Stärke des dichten, beeindruckenden Abends: Es geht nicht
    um die Illustration des Unsagbaren, vielmehr um die Bewusstmachung von
    Verdrängtem. Kroesinger lässt Tatsachen für sich sprechen, doch immer
    wieder geraten diese Berichte ins Stocken: Auf einmal sind da die
    Figuren aus Werfels Buch und erzählen wie aus der vergangenen Zeit
    Herübergerettete mit verhaltenen und gleichwohl schmerzenden Emotionen
    von den Tagen, in denen die armenischen Christen ums Überleben
    kämpften, in letzter Sekunde der Vernichtung durch die Muslime
    entgingen.

    Und während im Bühnenhintergrund der Rumpf eines Schiffes
    zusammengezimmert wird, das nicht von ungefähr an Noahs Arche
    erinnert, die auf dem Ararat, dem heiligen Berg der Armenier, landete,
    singt eine Schauspielerin ein orientalisches Lied, in dem die Hoffnung
    anklingt, dass auch die Unglückstage eines Volkes vorbeiziehen werden.
    Kroesinger ist hier ein aufrüttelndes Stück Erinnerungsarbeit
    gelungen, an dessen Ende eine Frage steht, die nur als Auftrag zu
    verstehen ist, das Thema nicht ruhen zu lassen: Viel - auch über die Veranstaltungen des
    Gorki-Theaters hinaus. Shermin Langhoff hat einen Anfang gemacht, und
    dass bei der Premiere eine ganze Reihe türkischstämmiger
    Bundestagsabgeordneter und Intellektueller im Parkett sass, gibt nicht
    nur ihr Anlass zur Hoffnung:


    http://www.nzz.ch/feuilleton/buehne/armenien-ermordet-1.18499203




    From: A. Papazian
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