RP ONLINE, Deutschland
11 mar 2015
Hitler berief sich auf Armenier-Genozid
Der Völkermörder fragte kurz vor Kriegsbeginn 1939: "Wer redet heute
noch von der Vernichtung der Armenier?" Von Rolf Helfert
1915/16 ließ die türkische Regierung anderthalb Millionen Armenier
töten. Der Orientalist und Theologe Johannes Lepsius (1858-1926)
publizierte mehrere Studien über diesen Völkermord. 1914 gründete er
die "Deutsch-Armenische Gesellschaft". Rolf Hosfeld, der das Potsdamer
"Lepsiushaus" leitet, analysiert in seinem Buch die armenische
Katastrophe detailreich.
Auf Befehl Sultan Abdul Hamids II. wurden schon 1895/96 rund 100 000
Armenier niedergemetzelt. Türkische Soldaten wüteten mit orgiastischer
Brutalität. "Plötzlich brach eine unkontrollierte Raserei aus. Türen
wurden eingeschlagen, Mauern niedergerissen, Brände gelegt, die Männer
ermordet, die Frauen auf dem Markt zum Kauf angeboten". Lepsius
schrieb 1915 in Konstantinopel: "Es ist unsagbar, was geschehen ist
und noch geschieht. Die vollkommene Ausrottung der Armenier ist das
Ziel".
Der stete Niedergang des Osmanischen Imperiums entfesselte jene
tödliche Lawine. Ihrer europäischen Kolonien verlustig gegangen,
glaubten die Türken, dass sogar Konstantinopel bedroht sei. Am meisten
fürchtete der Sultan Russland, das er verdächtigte, die christlichen
Armenier zu unterstützen, die Schutz gegen Plünderer forderten und
größere Autonomie erstrebten. Abdul Hamid wollte das geschrumpfte
Reich festigen, Kleinasien "türkisieren", wo etwa zwei Millionen
Armenier lebten. Dabei hatte Armenien schon lange vor der osmanischen
Eroberung existiert. Obwohl sie 66 Prozent der Wissenschaftler und
drei Viertel der Industriellen des Reiches stellten, galten Armenier
als "Feinde im eigenen Land".
"Jungtürkische" Revolutionäre erniedrigten Abdul Hamid 1908 zur
Nebenfigur; seit 1913 regierten sie diktatorisch. Erneut verübten
türkische Truppen Massaker, denen zehntausende Armenier zum Opfer
fielen. Laut Hosfeld habe türkische "Paranoia" die Armeniermorde mit
verursacht. Während des Ersten Weltkriegs kämpfte das osmanische Reich
an der Seite Deutschlands. Ende 1914 erklärte Russland der Türkei den
Krieg, die zahlreiche Niederlagen erlitt, wodurch der Hass gegen
armenische Christen zunahm, die angeblich Russland begünstigten, dem
das östliche Armenien gehörte. Nun verlangten jungtürkische Politiker,
die "Endlösung der Armenierfrage" herbeizuführen. "Wir Türken müssen
die Armenier entweder ausrotten oder zur Auswanderung zwingen".
Das Militär deportierte die armenische Bevölkerung 1915/16 in Wüsten,
abgelegene Gebirge, unversorgte Gefangenenlager, um sie zu vernichten.
Bereits auf den Märschen dorthin starben viele Armenier bei
systematisch organisierten Massakern. "Wie Holz trieben die Leichen
unzähliger ermordeter Armenier auf dem Euphrat".
An diesem von oben gelenkten Genozid nahmen Kurden teil. Über
verwaiste armenische Kinder, deren Eltern liquidiert waren, schrieb
ein Deutscher: "Hier saßen sie, Kopf an Kopf, Knaben und Mädchen,
vertiert, verhungert, ohne die geringste menschliche Hilfe". Die
deutsche Reichsleitung wusste alles, aber Kanzler Bethmann-Hollweg
dachte nicht daran, die verbündeten Türken zu kritisieren. 1918
flüchtete der ehemalige Innenminister Mehmet Talaat, der den
Völkermord gesteuert hatte, an Bord eines kaiserlichen U-Boots nach
Deutschland. In der Berliner Hardenbergstraße erschoss ihn 1921 ein
armenischer Student; die deutsche Justiz sprach den Attentäter frei.
Wer heute in der Türkei die Armenier-Massaker erwähnt, landet oft im
Gefängnis.
Hitler glaubte, dass die Mordtaten, die er plante, irgendwann der
Vergessenheit anheim fielen. "Wer redet heute noch von der Vernichtung
der Armenier?", fragte er am 22. August 1939 auf dem Obersalzberg.
Dieses Buch macht das Schicksal der Armenier einer breiten
Öffentlichkeit bekannt.
http://www.rp-online.de/kultur/adolf-hitler-berief-sich-auf-armenier-genozid-aid-1.4933639
11 mar 2015
Hitler berief sich auf Armenier-Genozid
Der Völkermörder fragte kurz vor Kriegsbeginn 1939: "Wer redet heute
noch von der Vernichtung der Armenier?" Von Rolf Helfert
1915/16 ließ die türkische Regierung anderthalb Millionen Armenier
töten. Der Orientalist und Theologe Johannes Lepsius (1858-1926)
publizierte mehrere Studien über diesen Völkermord. 1914 gründete er
die "Deutsch-Armenische Gesellschaft". Rolf Hosfeld, der das Potsdamer
"Lepsiushaus" leitet, analysiert in seinem Buch die armenische
Katastrophe detailreich.
Auf Befehl Sultan Abdul Hamids II. wurden schon 1895/96 rund 100 000
Armenier niedergemetzelt. Türkische Soldaten wüteten mit orgiastischer
Brutalität. "Plötzlich brach eine unkontrollierte Raserei aus. Türen
wurden eingeschlagen, Mauern niedergerissen, Brände gelegt, die Männer
ermordet, die Frauen auf dem Markt zum Kauf angeboten". Lepsius
schrieb 1915 in Konstantinopel: "Es ist unsagbar, was geschehen ist
und noch geschieht. Die vollkommene Ausrottung der Armenier ist das
Ziel".
Der stete Niedergang des Osmanischen Imperiums entfesselte jene
tödliche Lawine. Ihrer europäischen Kolonien verlustig gegangen,
glaubten die Türken, dass sogar Konstantinopel bedroht sei. Am meisten
fürchtete der Sultan Russland, das er verdächtigte, die christlichen
Armenier zu unterstützen, die Schutz gegen Plünderer forderten und
größere Autonomie erstrebten. Abdul Hamid wollte das geschrumpfte
Reich festigen, Kleinasien "türkisieren", wo etwa zwei Millionen
Armenier lebten. Dabei hatte Armenien schon lange vor der osmanischen
Eroberung existiert. Obwohl sie 66 Prozent der Wissenschaftler und
drei Viertel der Industriellen des Reiches stellten, galten Armenier
als "Feinde im eigenen Land".
"Jungtürkische" Revolutionäre erniedrigten Abdul Hamid 1908 zur
Nebenfigur; seit 1913 regierten sie diktatorisch. Erneut verübten
türkische Truppen Massaker, denen zehntausende Armenier zum Opfer
fielen. Laut Hosfeld habe türkische "Paranoia" die Armeniermorde mit
verursacht. Während des Ersten Weltkriegs kämpfte das osmanische Reich
an der Seite Deutschlands. Ende 1914 erklärte Russland der Türkei den
Krieg, die zahlreiche Niederlagen erlitt, wodurch der Hass gegen
armenische Christen zunahm, die angeblich Russland begünstigten, dem
das östliche Armenien gehörte. Nun verlangten jungtürkische Politiker,
die "Endlösung der Armenierfrage" herbeizuführen. "Wir Türken müssen
die Armenier entweder ausrotten oder zur Auswanderung zwingen".
Das Militär deportierte die armenische Bevölkerung 1915/16 in Wüsten,
abgelegene Gebirge, unversorgte Gefangenenlager, um sie zu vernichten.
Bereits auf den Märschen dorthin starben viele Armenier bei
systematisch organisierten Massakern. "Wie Holz trieben die Leichen
unzähliger ermordeter Armenier auf dem Euphrat".
An diesem von oben gelenkten Genozid nahmen Kurden teil. Über
verwaiste armenische Kinder, deren Eltern liquidiert waren, schrieb
ein Deutscher: "Hier saßen sie, Kopf an Kopf, Knaben und Mädchen,
vertiert, verhungert, ohne die geringste menschliche Hilfe". Die
deutsche Reichsleitung wusste alles, aber Kanzler Bethmann-Hollweg
dachte nicht daran, die verbündeten Türken zu kritisieren. 1918
flüchtete der ehemalige Innenminister Mehmet Talaat, der den
Völkermord gesteuert hatte, an Bord eines kaiserlichen U-Boots nach
Deutschland. In der Berliner Hardenbergstraße erschoss ihn 1921 ein
armenischer Student; die deutsche Justiz sprach den Attentäter frei.
Wer heute in der Türkei die Armenier-Massaker erwähnt, landet oft im
Gefängnis.
Hitler glaubte, dass die Mordtaten, die er plante, irgendwann der
Vergessenheit anheim fielen. "Wer redet heute noch von der Vernichtung
der Armenier?", fragte er am 22. August 1939 auf dem Obersalzberg.
Dieses Buch macht das Schicksal der Armenier einer breiten
Öffentlichkeit bekannt.
http://www.rp-online.de/kultur/adolf-hitler-berief-sich-auf-armenier-genozid-aid-1.4933639