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Die Dankbarkeit hat ein Gesicht

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  • Die Dankbarkeit hat ein Gesicht

    Heidenheimer Zeitung - Germany
    http://www.hz-online.de/index.php?mode=ful l&cat=16&open=1&open_u=&minDate= &a mp;s
    _id=7b91eba8a03cef2c677c86524fb156c1&iden t=&id=254064#

    ARMENIEN / Mit Unterstutzung der Landesregierung eroffnet das Rote
    Kreuz ein "Haus der Hoffnung" in
    Die Dankbarkeit hat ein Gesicht

    Die armen Rentner in Eriwan konnen sich auch weiterhin auf Hilfe aus
    dem Sudwesten Deutschlands verlassen. Mit Spenden aus Schwabisch
    Gmund und einem Zuschuss der Landesregierung hat das Rote Kreuz in
    Armeniens Hauptstadt ein "Haus der Hoffnung" eingerichtet.

    "Welcome to Armenia - Willkommen in Armenien", dieser Gruß prangt auf
    einem riesigen Schild am neuen Terminal des Flughafens der
    armenischen Hauptstadt Eriwan. Die Delegation aus dem Sudwesten
    staunt uber das neue Abfertigungsgebaude und fuhlt sich wie in einer
    europaischen Großstadt. Wer schon einmal in Eriwan war, erinnert sich
    an den noch im Vorjahr vorhandenen Hauch von Sozialismus bei der
    Ankunft am damaligen Terminal mit langem Warten aufs Gepack und
    langer Schlange bei der Visakontrolle. Die Besucher aus
    Baden-Wurttemberg sind nach Armenien gekommen, um das "Haus der
    Hoffnung" zu eroffnen, ein vom Landesverband des Deutschen Roten
    Kreuzes und dem armenischen Roten Kreuz errichtetes Sozialzentrum.
    Die Idee, ein solches Haus mit Suppenkuche, Kleiderkammer und
    Sozialstation zu bauen, geht auf Gerhard Maier zuruck. Sechs Jahre
    nach dem großen Erdbeben im Norden Armeniens startete der Schwabisch
    Gmunder CDU-Stadtrat und ehrenamtliche Rot-Kreuz-Mitarbeiter 1994 die
    erste Suppenkuche, getragen von Spenden aus der Burgerschaft seiner
    Stadt. Im Jahr 2002, nach Maiers Tod, fuhrte der Gmunder Pfarrer
    Karl-Heinz Scheide die Hilfsaktion fort. Die Leser dieser Zeitung
    wahlten ihn dafur 2004 zum Mensch des Jahres. Zu erleben, wie aus
    einer Naturkatastrophe eine lebendige Freundschaft entstehen kann,
    ist fur Lorenz Menz, den Prasidenten des Landes-DRK, der erstmals in
    Armenien weilt, eine beeindruckende Erfahrung. "Wie hilfreich das
    alles ist, sieht man, wenn man den alten Menschen gegenubersteht und
    ihnen ins Gesicht schaut", sagt er. Die Freundschaft sei nicht nur
    Geben, sondern auch ein Bekommen. Noch immer im Container Dies sieht
    auch Willi Stachele so, als Minister im Stuttgarter Staatsministerium
    zustandig fur europaische Angelegenheiten. Baden-Wurttemberg hat das
    "Haus der Hoffnung" mit 75 000 Euro unterstutzt, ein knappes Viertel
    der 350 000 Euro Kosten. Stachele hat das Erdbebengebiet von 1988
    besucht. Er traf dort Familien, die 18 Jahre danach noch immer in
    Containern leben. Hier Abhilfe zu schaffen, darum habe er den
    armenischen Sozialminister gebeten, sagt Stachele. Armenien stecke 15
    Jahre nach dem Herauslosen aus der ehemaligen Sowjetunion auch
    außenpolitisch in einer schwierigen Situation. Das Land kann nur im
    Suden uber den Iran und im Norden uber Georgien und Russland Handel
    treiben. Die Grenzen zum westlichen Nachbarn Turkei und zum ostlich
    gelegenen Aserbaidschan sind dicht. Hier musse europaische Politik
    ansetzen und auf die Turkei einwirken, um die Grenzen zu offnen.
    Armenien selbst soll, so der CDU-Politiker, auch mehr fur sich
    werben, etwa durch eine Kulturwoche in Deutschland ahnlich dem
    Armenien-Jahr, das in diesem Jahr in Frankreich stattfand. "Hoffnung
    zu geben", dafur steht fur Stachele das eingeweihte "Haus der
    Hoffnung". Mit Stolz habe ihn erfullt, "dass eine Stadt in
    Baden-Wurttemberg mit großem Engagement auf Dauer angelegt hilft".
    Ein Burger dieser Stadt ist der Gmunder Varujan Karajan. Seine
    Vorfahren stammen aus dem fruheren Westarmenien, das heute zur Turkei
    gehort. Er ist einer von sieben Millionen Diaspora-Armeniern, die das
    Land verlassen haben, um im Ausland Arbeit zu finden. Denn von den
    nach wie vor drei Millionen Armeniern - etwa 1,5 Millionen leben in
    der Hauptstadt Eriwan - sind nach inoffiziellen Schatzungen bis zu 60
    Prozent arbeitslos. Und die Rente der alten Menschen, die in der
    "Kuche der Barmherzigkeit" taglich mit einer warmen Mahlzeit versorgt
    werden, reicht oft nicht einmal fur die elementarsten Bedurfnisse
    oder die einfachsten Lebensmittel. Die Einrichtung, die wahrend der
    kalten Jahreszeit weit mehr als 500 000 warme Essen ausgibt, ist
    daher langst zu einer angesehenen Einrichtung geworden. Ein Schock
    Den ersten Besuch in der alten Heimat erlebt Karajan zunachst als
    Schock: Die nachtliche Ankunft in der karg beleuchteten Stadt, die
    riesigen Locher in den Straßen, die maroden sozialistischen
    Wohnblocks. Erst am nachsten Morgen bessert sich sein Eindruck beim
    uberwaltigenden Blick auf den 5165 Meter hohen Berg Ararat, auf dem
    der Bibel nach die Arche Noahs gelandet ist. Doch liegt das
    Bergmassiv fur die stolzen Armenier, deren Land sich vor gut 2000
    Jahren bis zum Mittelmeer erstreckte, unerreichbar hinter
    Stacheldraht auf turkischem Gebiet. Karajan, der mit seiner Familie
    aus der Ostturkei nach Istanbul und dann nach Deutschland gezogen
    ist, sagt nach wenigen Tagen Aufenthalt, dass er fruher nach Armenien
    hatte kommen sollen. "Mal dachte ich, ich bin Armenier, dann auch
    wieder nicht", erzahlt er. Aber: "Wenn man hierherkommt, weiß man, wo
    man hingehort." Dabei weiß der Gmunder Zahnarzt aus seinem Alltag in
    Deutschland, wie schwierig es ist, auch nur uber die historisch
    belasteten Beziehungen zwischen Armenien und der Turkei zu reden.
    Sein Großvater ist dem turkischen Massaker in den Jahren 1915 bis
    1918 entkommen, sein Urgroßvater hat wie mindestens eine Million
    weitere Armenier den Volkermord nicht uberlebt. Der Genozid ist ein
    Thema, das Armenier aller Altersgruppen umtreibt, wie eine junge
    Dolmetscherin beim Spaziergang uber den fruheren Lenin-Platz - heute
    Platz der Republik - erzahlt. Die Alten meinen, sagt sie, dass in der
    Sowjetunion alles besser war. Junge Leute wie die Dolmetscherin
    selbst aber bauen in einem sich seit 15 Jahren mal langsamer, mal
    schneller verandernden Land auf ein anderes Leben. Ein von Freiheit
    gepragtes, trotz hoher Arbeitslosigkeit, trotz eklatantem Unterschied
    zwischen Arm und Reich, trotz Korruption. Die junge Frau verweist auf
    ihren Namen: Nadja, die Kurzform des russischen Namens Nadeschda - zu
    deutsch Hoffnung. Spenden fur die "Kuche der Barmherzigkeit" konnen
    auf das Konto 440 752 987 der Kreissparkasse Ostalb (BLZ 614 500 50)
    einbezahlt werden.
    MICHAEL LÄNGE

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